Die Regierungserklärung von Otto Grotewohl, Ministerpräsident der DDR, thematisiert die deutsche Wiedervereinigung und die Verantwortung der DDR als Friedensstaat. Sie ist geprägt von einer ideologischen Abgrenzung zur westdeutschen Politik unter Konrad Adenauer und einer Betonung der Rolle der Sowjetunion im Nachkriegsdeutschland.
### **Zusammenfassung der zentralen Aussagen:**
1. **Historische Verantwortung und Ursachen der Teilung:**
   - Grotewohl betont, dass die Zerschlagung der deutschen Einheit das Werk des Naziregimes sei, unterstützt durch Faschismus, Militarismus und die Macht der Monopole.
   - Die Rettung Deutschlands vor einer dauerhaften Zerstückelung wird der Sowjetunion zugeschrieben, die durch ihren Sieg über Nazideutschland die Grundlage für eine neue politische Ordnung schuf.
2. **Das Potsdamer Abkommen:**
   - Grotewohl hebt die Bedeutung des Abkommens als Wegweiser für einen demokratischen und friedlichen deutschen Staat hervor. Er betont, dass die DDR diesen Weg konsequent beschreite, während Westdeutschland sich von diesen Prinzipien entfernt habe.
3. **Kritik an der westdeutschen Politik:**
   - Die Politik Adenauers wird als antinational und friedensfeindlich dargestellt. Grotewohl kritisiert die Restauration des Militarismus, die Unterstützung durch ausländische Mächte und die Bevorzugung von Monopolinteressen in Westdeutschland.
   - Insbesondere wird die Einbindung Westdeutschlands in supranationale Strukturen und die Stationierung ausländischer Truppen scharf verurteilt.
4. **Legitimität der DDR:**
   - Die DDR sieht sich als legitimer Vertreter Deutschlands auf der Grundlage der Potsdamer Prinzipien. Sie strebt keine Vorrechte an, beansprucht jedoch die Rolle eines Friedensgaranten und eines wahrhaft demokratischen Staates.
   - Grotewohl weist die westliche Behauptung zurück, die Bundesrepublik sei der alleinige Vertreter Deutschlands, und bezeichnet diese als hinderlich für jede Verständigung.
5. **Friedenspolitik der DDR:**
   - Die DDR wird als Bollwerk des Friedens und der Verständigung dargestellt. Ihre Anerkennung durch andere Staaten zeuge von ihrem friedliebenden Charakter und ihrer Gleichberechtigung in der internationalen Gemeinschaft.
### **Komplexe Erläuterung:**
Die Rede spiegelt die ideologische Konfrontation des Kalten Krieges wider. Grotewohl formuliert eine doppelte Argumentation: einerseits die historische Schuldzuweisung an den deutschen Faschismus und den westdeutschen Kapitalismus, andererseits die Rechtfertigung der DDR als Friedens- und Einheitsstaat. Der Fokus liegt darauf, die DDR international als gleichberechtigt und legitim darzustellen, während Westdeutschland wegen seiner Nähe zu den USA und seiner vermeintlichen Militarisierung als Bedrohung gezeichnet wird.
Die historische Herleitung aus dem Potsdamer Abkommen ist zentral für die Argumentation der DDR. Sie begründet ihre Existenz nicht nur rechtlich, sondern auch moralisch, indem sie sich auf die antifaschistischen und antimilitaristischen Prinzipien dieses Abkommens stützt. Grotewohl versucht, die DDR als alleinigen Erben dieser Prinzipien zu präsentieren und den Westen als Abweichler zu brandmarken.
Die Kritik an Adenauer ist scharf und zielt auf seine westliche Orientierung, die in den Augen der DDR als Verrat an den deutschen Interessen interpretiert wird. Besonders betont wird die Unterordnung unter ausländische Mächte, was die DDR als national unzulässig darstellt. Im Gegensatz dazu positioniert sich die DDR als national verantwortungsbewusst und international respektiert.
Die Rede dient nicht nur der innenpolitischen Mobilisierung, sondern auch der außenpolitischen Legitimation der DDR. Sie zeigt, wie die DDR ihre eigene Existenz und Politik als moralisch überlegen darstellt und versucht, die Spaltung Deutschlands ideologisch zu erklären und zu rechtfertigen.
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