WOHNUNGEN STATT WAFFEN!
Für eine kämpferische Gewerkschaftsbewegung gegen Krieg und Aufrüstung
Für eine kämpferische Gewerkschaftsbewegung gegen Krieg und Aufrüstung
Während Millionen in Deutschland unter Wohnungsnot, Inflation und Lohndruck leiden, beschließt die Bundesregierung Rüstungsausgaben in Billionenhöhe. Kein Geld für den sozialen Wohnungsbau – aber Milliarden für Bomben, Bunker und Bundeswehr. Die Weichen sind längst gestellt: Die Bundesregierung verfolgt mit milliardenschweren Rüstungsprogrammen, dem Ausbau kriegsrelevanter Infrastruktur und der geplanten Wiedereinführung der Wehrpflicht eine Politik, die auf Konfrontation mit Russland und mögliche militärische Eskalation hinausläuft – ein Kurs, der von zahlreichen kritischen Stimmen als Vorbereitung eines Angriffskriegs gewertet wird. Die Bundesregierung, angetreten mit dem Slogan von „Verantwortung“, steuert das Land Schritt für Schritt, mit jeder neuen Milliardenentscheidung, mit jedem weiteren Gesetz zur Aufrüstung, mit jeder Einschränkung demokratischer Rechte unaufhaltsam auf einen neuen großen Krieg zu – und der Widerstand dagegen? Aus den Gewerkschaften kommt erschreckend wenig.
Eine mutige Ausnahme ist Jörn Rieken, Mitglied im Bezirksvorstand der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU) Berlin. In einem Gespräch mit der UZ – unsere zeit spricht er offen aus, was viele denken, aber kaum jemand zu sagen wagt: Die Bundesregierung bereitet einen großen Krieg vor – und es ist die Arbeiterklasse, die ihn bezahlen, an der Front führen und am härtesten darunter leiden soll.
KRIEGSVORBEREITUNGEN AUF DEM RÜCKEN DER BEVÖLKERUNG
Bereits 1977, während seiner Bundeswehrzeit, erkannte Rieken, wohin die militärische Planung führte: Atomwaffen auf deutschem Boden, Millionen Tote einkalkuliert. Schon damals stand fest: Das Leben der einfachen Menschen zählt nichts, wenn es um westliche Machtinteressen geht. Heute ist es nicht anders. Unter dem Deckmantel eines „Infrastrukturprogramms“ werden 500 Milliarden Euro mobilisiert – nicht für Schulen oder bezahlbare Wohnungen, sondern für panzerfeste Brücken, militarisierte Bahnstrecken und bombensichere Operationssäle.
Diese Vorbereitungen erfolgen mit erschreckender Geschwindigkeit. Während Beschäftigte mit stagnierenden Löhnen und steigenden Lebenshaltungskosten kämpfen, investieren die Machthaber in Technologien der Zerstörung. Der Wohnungsbau ist längst in die Hände von Großinvestoren gefallen, die öffentliche Verantwortung abgeschoben. Statt echter Lösungen setzt man auf Marktlogik – und wo der Markt scheitert, setzt man auf Beton für Panzer statt für Menschen.
Von diesen Milliarden gehen gerade einmal 100 Milliarden – wenn überhaupt – an Länder und Kommunen. Der Rest: Kriegsvorbereitung. Kein Cent für sozialen Wohnungsbau! Dabei fordert die IG BAU seit Jahren ein Programm über 50 Milliarden Euro für den Bau bezahlbarer Wohnungen durch landeseigene Gesellschaften. Doch stattdessen subventioniert der Staat private Investoren, deren Bauprojekte nach 20 Jahren aus der Preisbindung fallen und in den Händen von Spekulanten landen. Damit wird nicht nur die soziale Krise verschärft, sondern gleichzeitig das gesellschaftliche Klima militarisiert.
SOZIALABBAU, LOHNKRISE UND STREIKVERBOT
Gleichzeitig erleben wir massive Reallohnverluste. Die Tarifabschlüsse gleichen kaum noch die Preissteigerungen aus. Die Sozialabgaben steigen, das Reallohnniveau sinkt unter das von 2019. Und der nächste Schlag steht bevor: Ab 2027 müssen die Kredite für Corona, das sogenannte „Sondervermögen“ der Scholz-Regierung und die neuen Rüstungsausgaben zurückgezahlt werden. Schon jetzt warnt die Bundesbank in ihrem Monatsbericht vom Januar 2025, dass allein die Zinslast der aufgenommenen Kredite mittelfristig den gesamten Militärhaushalt übersteigen wird – selbst wenn dieser auf 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts steigt. Was folgt, ist klar: Lohnkürzungen, Rentenkürzungen, Sozialabbau – und eine noch aggressivere Politik gegen Streiks.
Das alles ist kein Zufall, sondern Kalkül: Wer streikt, wird kriminalisiert. Wer sich wehrt, wird diffamiert. Die Regierung weiß: Nur eine eingeschüchterte, gespaltene und wehrlose Arbeiterschaft lässt sich auf Dauer zur Finanzierung und Führung eines Angriffskriegs heranziehen – das zeigte sich bereits im Ersten Weltkrieg, als die Arbeiterklasse durch nationale Spaltung und Kriegspropaganda in einen imperialistischen Krieg getrieben wurde, der Millionen das Leben kostete. Doch wir sagen: Schluss damit! Unsere Solidarität ist unsere Stärke.
In Zeiten der Krise wird das Streikrecht traditionell attackiert. Doch heute geht es weiter: Die Bundesregierung will „kriegsfähig“ werden. Das ist keine Verteidigung – das ist Vorbereitung auf einen Angriffskrieg gegen Russland. Und es wird versucht, das Volk darauf einzuschwören. Wer sich dem widersetzt, gilt als „unpatriotisch“, als „Putin-Versteher“. Doch was hier vorbereitet wird, ist Wahnsinn mit Ansage: Ein Krieg gegen eine Atommacht mit dem zweitgrößten Atomwaffenarsenal der Welt!
WEHRPFLICHT, ZWANG UND MILITARISIERUNG
Die Wiedereinführung der Wehrpflicht steht längst auf der Tagesordnung. Noch wird vorsichtig sondiert – mit „Testballons“ in den Medien. Aber die Richtung ist klar. Die Kriegsvorbereitung braucht Kanonenfutter. In der Ukraine werden Männer bis 55 eingezogen – auch das wird auf uns zukommen, warnt Rieken. Und wieder sollen es die Jungen aus den Arbeiterfamilien sein, die für die Interessen der Konzerne und NATO-Strategen ihr Leben lassen.
Kaum jemand macht sich klar, was Krieg bedeutet: Artilleriebeobachter haben im Gefecht eine Überlebenszeit von zehn Minuten. Wer das einmal erlebt hat, weiß: Krieg ist kein Computerspiel, kein „strategischer Konflikt“, sondern ein grausames, blutiges Morden. Und es ist immer die arbeitende Bevölkerung, die stirbt – nicht die Minister, nicht die Rüstungslobbyisten, nicht die Bankenvorstände.
Was jetzt vorbereitet wird, ist nicht mehr zu verharmlosen. Die Bundesregierung will, dass junge Menschen nicht Wohnungen aufbauen, sondern Städte zerstören. Sie will keine Pflegekräfte, sondern Soldaten. Sie will keine Bildungsinvestitionen, sondern Kasernen. Sie will keine Jugend mit Zukunft, sondern Rekruten für den nächsten Krieg. Dieser Kurs ist nicht nur unsozial – er ist verbrecherisch.
DER WIDERSTAND BEGINNT IM BETRIEB
Doch es regt sich Widerstand – allerdings oft gegen den Willen der eigenen Gewerkschaftsführungen. Die IG BAU Berlin bildet eine seltene Ausnahme, denn viele Gewerkschaftsspitzen schweigen zur Aufrüstungspolitik oder tragen sie sogar mit. Statt klare Kante gegen Krieg und Sozialabbau zu zeigen, verstecken sie sich hinter vermeintlicher „politischer Neutralität“. Sie versäumen es, den Schutz der Interessen der arbeitenden Bevölkerung mit dem Kampf gegen Krieg und Militarisierung zu verbinden.
Die IG BAU Berlin jedoch hat sich klar gegen die Kriegspolitik gestellt. Auch in anderen Regionen und Branchen wächst der Unmut – so forderten etwa Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitswesen auf einer Streikkundgebung in Leipzig den Stopp der Militarisierung und die Rückverlagerung öffentlicher Mittel in die Daseinsvorsorge. Mit großer Mehrheit beschloss der Bezirksvorstand im September 2024 die Unterstützung der Friedensdemonstration in Berlin am 3. Oktober. Und auch in anderen Gewerkschaften, wie auf dem ver.di-Bundeskongress 2023, werden Stimmen laut: gegen Aufrüstung, für soziale Investitionen. Noch sind es wenige – aber sie zeigen, dass Widerstand möglich ist.
Rieken macht deutlich: Diskussionen über Frieden, Abrüstung und soziale Gerechtigkeit müssen in die Gewerkschaften getragen werden. Nicht als Randthema, sondern als zentraler Kampfpunkt. Denn was nützen Tarifverhandlungen, wenn bald 80 Prozent des Haushalts für Rüstung und Krieg draufgehen? Was nützt ein Streikrecht, wenn gleichzeitig Wehrpflicht, Notstandsrecht und Ausnahmezustand vorbereitet werden?
Es ist an der Zeit, dass Betriebsräte, Vertrauensleute und Gewerkschaftsgruppen mutige Beschlüsse fassen. Dass wir Flugblätter drucken, Betriebsversammlungen einberufen, Unterschriften sammeln, Resolutionen verabschieden und Widerstand organisieren. Die Friedensbewegung muss dahin zurück, wo sie hingehört: in die Werkhallen, auf die Baustellen, in die Kantinen und in die Büros.
HISTORISCHE LEHREN FÜR DEN KAMPF UM FRIEDEN
Die Geschichte zeigt: Wenn die Gewerkschaften schweigen oder sich dem nationalen Trommelfeuer beugen, endet das oft in Katastrophen. 1914 stimmten die sozialdemokratischen Abgeordneten den Kriegskrediten zu – gegen den Protest linker Gewerkschafter und Revolutionäre. Das Ergebnis: Millionen Tote im Ersten Weltkrieg, Zerschlagung der Arbeiterbewegung, Sturz der Monarchie, aber keine soziale Gerechtigkeit.
In den 1930er Jahren wurden viele Gewerkschaften in Deutschland gleichgeschaltet oder aufgelöst, während der deutsche Imperialismus erneut zum Krieg rüstete. Nach der Machtübertragung an Hitler 1933 unterstützten große Teile des Kapitals aktiv den Faschismus, weil er den Klassenkampf im Innern mit brutaler Gewalt unterdrückte und außenpolitisch auf Expansion und Krieg setzte. Der Zweite Weltkrieg, entfesselt von deutschem Boden, brachte unermessliches Leid über die Völker – vor allem die Sowjetunion, deren Verluste über 27 Millionen Menschen betrugen.
Die Lehren sind klar: Nur durch entschlossenen Widerstand und internationale Solidarität kann der Kriegskurs gestoppt werden.
FRIEDEN IST KLASSENKAMPF!
Die Gewerkschaftsbewegung muss ihre Traditionen wiederentdecken: Die Friedensbewegung war immer Teil der Arbeiterbewegung. „Nie wieder Krieg“ hieß es nach 1945. Heute müssen wir sagen: „Nie wieder Krieg gegen Russland!“ Schluss mit der Hetze, Schluss mit der Russophobie, Schluss mit der NATO-Hörigkeit!
Wir brauchen ein neues 1.-Mai-Programm:
Raus aus der NATO!
Stopp aller Waffenlieferungen!
50 Milliarden für sozialen Wohnungsbau – keine 500 Milliarden für Krieg!
Streikrecht verteidigen, Militarisierung stoppen!
Wehrpflicht verhindern, Jugend schützen!
Dieser Kampf wird nicht leicht. Aber er ist notwendig. Denn wer schweigt, macht sich mitschuldig. Die Zeit des Wegduckens ist vorbei. Jetzt ist Zeit für Widerstand – in den Betrieben, in den Gewerkschaften, auf der Straße.
Denn der Frieden fällt nicht vom Himmel. Wir müssen ihn erkämpfen – mit Worten, mit Aktionen, mit Solidarität. Lasst uns nicht zu Werkzeugen einer aggressiven Außenpolitik werden, sondern zu Verteidigern des Lebens, der Gerechtigkeit und des Friedens.
Frieden ist kein Geschenk – Frieden ist eine Aufgabe!