Militarismus aus marxistischer Perspektive
Einleitung
Militarismus, verstanden als die Dominanz militärischer Werte und Strukturen in Staat und Gesellschaft, wird aus marxistischer Perspektive als integraler Bestandteil des kapitalistischen Systems betrachtet. Diese Analyse hat ihre Wurzeln in den Schriften von Karl Marx und Friedrich Engels und wurde von späteren marxistischen Theoretikern weiterentwickelt. Der Militarismus ist nicht nur eine Begleiterscheinung kapitalistischer Entwicklung, sondern eine systemimmanente Notwendigkeit. Er dient der Absicherung bestehender Produktionsverhältnisse und der imperialistischen Expansion. Zudem wirkt er als Herrschaftsinstrument nach innen, indem er gesellschaftlichen Zusammenhalt unter autoritären Strukturen erzwingt.
Darüber hinaus ist Militarismus ein zentrales Mittel zur ideologischen Formung der Gesellschaft. Durch gezielte Propaganda, die Militarismus als notwendig und selbstverständlich darstellt, wird ein Klima geschaffen, in dem militärische Werte wie Disziplin, Gehorsam und Opferbereitschaft positiv besetzt sind. Beispiele dafür finden sich in nationalistischen Schulcurricula, in denen die Rolle des Militärs glorifiziert wird, in Filmen und Fernsehsendungen, die Kriegshelden idealisieren, oder in politischen Reden, die militärische Stärke als unverzichtbare Säule nationaler Souveränität betonen. Schulen, Medien und politische Institutionen spielen dabei eine wesentliche Rolle, indem sie patriotische Narrative verstärken und den Militarismus als unvermeidliches Element gesellschaftlicher Organisation präsentieren.
Parallel dazu fördert der Militarismus eine bestimmte Wirtschaftsstruktur, in der hohe Rüstungsausgaben und die enge Verflechtung von Staat und Rüstungsindustrie einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellen. Großunternehmen wie Rheinmetall, Lockheed Martin und BAE Systems profitieren direkt von militärischen Großaufträgen und staatlichen Investitionen in Rüstungsgüter. Die Waffenproduktion schafft zahlreiche Arbeitsplätze, während Subventionen und Exportförderungen den internationalen Absatz sichern. Durch langfristige Rüstungsprogramme wird eine wirtschaftliche Abhängigkeit geschaffen, die eine kontinuierliche Aufrüstung begünstigt. Infolgedessen hat der Militarismus eine tiefgreifende Wechselwirkung mit der kapitalistischen Wirtschaft, indem er Nachfrage generiert und wirtschaftliche Machtverhältnisse stabilisiert. Die Aufrechterhaltung und Ausweitung militärischer Strukturen ist nicht nur politisch gewollt, sondern auch ökonomisch notwendig, um kapitalistische Akkumulationsprozesse zu sichern. Großunternehmen der Rüstungsindustrie profitieren dabei von der kontinuierlichen Nachfrage nach Waffen und militärischen Technologien, während Staaten durch Kriegswirtschaft und Aufrüstung ihre wirtschaftliche Dominanz zu stabilisieren versuchen.
Eng damit verknüpft ist die geostrategische Komponente des Militarismus. Staaten nutzen militärische Macht gezielt zur Sicherung wirtschaftlicher und politischer Interessen. Historische Beispiele hierfür sind die Kolonialkriege des 19. Jahrhunderts, die auf die Kontrolle über Handelsrouten und Ressourcen abzielten, sowie moderne militärische Interventionen zur Stabilisierung von Regimen, die den geopolitischen Interessen bestimmter Großmächte dienen. Die NATO-Osterweiterung und die militärische Präsenz der USA im Nahen Osten sind aktuelle Fälle, in denen strategische Interessen militärisch durchgesetzt werden. Staaten mit bedeutenden militärischen Kapazitäten setzen diese nicht nur zur Verteidigung ein, sondern vor allem zur Durchsetzung wirtschaftlicher und politischer Interessen auf globaler Ebene. Der Militarismus ist daher eng mit dem Imperialismus verbunden, da militärische Macht als Mittel zur Kontrolle von Ressourcen, Handelsrouten und politischen Einflusssphären dient. Dies führt zwangsläufig zu internationalen Spannungen und Konflikten, die in Kriegen und militärischen Interventionen münden.
Zusammenfassend ist Militarismus aus marxistischer Perspektive kein isoliertes Phänomen, sondern ein tief in die kapitalistische Gesellschaftsordnung integriertes Element. Er stabilisiert bestehende Machtstrukturen, stützt wirtschaftliche Interessen und trägt zur geopolitischen Expansion bei. Eine Überwindung des Militarismus ist daher nur durch eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen und ökonomischen Verhältnisse möglich.
Engels' Frühwarnung vor dem Militarismus
Friedrich Engels erkannte bereits im 19. Jahrhundert die Tendenz der kapitalistischen Staaten zur Militarisierung. In seinem Werk Anti-Dühring (1878) analysierte er die Auswirkungen des Deutsch-Französischen Krieges von 1870/71 und stellte fest, dass die Einführung des preußischen Landwehrsystems in anderen Großmächten zu einer enormen Aufrüstung führte. Engels argumentierte, dass die Armee zum Hauptzweck des Staates geworden sei, was er als Militarismus bezeichnete. Diese Entwicklung führte zu einer immer stärkeren Verzahnung von Politik und militärischen Strukturen.
Engels warnte auch davor, dass der Militarismus nicht nur eine Frage der äußeren Expansion sei, sondern ebenso zur internen Kontrolle der Gesellschaft genutzt werde. Die Regierungen würden sich auf das Militär stützen, um soziale Unruhen zu unterdrücken und die Herrschaft der Bourgeoisie zu sichern. Dabei war sich Engels bewusst, dass der Militarismus eine eigene Eigendynamik entwickeln kann. Staaten, die einmal den Weg der Aufrüstung eingeschlagen haben, geraten in einen Zwangsmechanismus, immer weiter in das Militär zu investieren, um nicht hinter konkurrierende Nationen zurückzufallen.
Die Militarisierung führte nach Engels nicht nur zu einer direkten Bedrohung des Friedens, sondern auch zu einer enormen wirtschaftlichen Belastung für die arbeitende Bevölkerung. Er argumentierte, dass die finanziellen Mittel, die für das Militär aufgewendet werden, letztlich aus den Löhnen und Steuern der Arbeiterklasse stammen und für soziale Verbesserungen fehlen. Damit sei der Militarismus nicht nur ein politisches, sondern auch ein ökonomisches Problem, das den Klassenkampf verschärfe.
Engels sah zudem eine enge Verbindung zwischen Militarismus und Nationalismus. Durch die permanente Kriegsvorbereitung und eine militärische Erziehung werde die Bevölkerung dazu gebracht, nationale Interessen über soziale Gerechtigkeit zu stellen. Dadurch werde die Solidarität der Arbeiterklasse über nationale Grenzen hinweg untergraben, was wiederum den Kapitalismus stabilisiere.
In seinen späteren Schriften betonte Engels, dass nur eine bewusste Arbeiterbewegung den Militarismus bekämpfen könne. Er sah in der internationalen Solidarität der Arbeiterklasse ein entscheidendes Mittel, um dem Militarismus entgegenzuwirken. Nur wenn die Arbeiter aller Länder sich zusammenschließen und den Kriegstreibern Widerstand leisten, könne der Militarismus als Instrument der kapitalistischen Herrschaft überwunden werden.
Liebknechts Differenzierung des Militarismus
Karl Liebknecht vertiefte diese Analyse in seiner Schrift Militarismus und Antimilitarismus (1907). Er betrachtete den Militarismus als eine direkte Folge der kapitalistischen Produktionsweise. Die Konkurrenz zwischen den kapitalistischen Staaten erzeugt eine ständige Notwendigkeit der Aufrüstung und militärischen Expansion. Zugleich dient der Militarismus der Unterdrückung der Arbeiterklasse und der Aufrechterhaltung der bestehenden Klassenverhältnisse. Darüber hinaus wird er als Instrument zur imperialistischen Expansion und zur Sicherung von Märkten und Ressourcen eingesetzt.
Liebknecht erkannte zudem, dass die militaristische Erziehung bereits in Schulen und in Jugendorganisationen verankert wurde, um die Bevölkerung langfristig auf eine kriegerische Mentalität vorzubereiten. Er wies darauf hin, dass das Bildungssystem gezielt so gestaltet wurde, dass militärische Tugenden wie Gehorsam, Disziplin und Opferbereitschaft gefördert wurden, um die jungen Generationen für zukünftige Kriege verfügbar zu machen. Damit wurde die Bevölkerung systematisch darauf gedrillt, den Militarismus als selbstverständlichen Bestandteil der Gesellschaft zu akzeptieren.
Darüber hinaus warnte Liebknecht vor der engen Verbindung zwischen Militarismus und bürgerlicher Ideologie. Er betonte, dass Regierungen und herrschende Eliten den Militarismus nicht nur als ein praktisches Mittel zur Kriegführung, sondern auch als ideologisches Instrument nutzten, um den Kapitalismus zu stabilisieren. Die Verherrlichung des Militärs diene dazu, Klassenwidersprüche zu verschleiern und nationalistische Stimmungen zu schüren, um die arbeitende Bevölkerung von ihren eigentlichen sozialen und ökonomischen Interessen abzulenken.
Ein weiteres zentrales Argument Liebknechts war die Rolle der Rüstungsindustrie. Er zeigte auf, wie eng der Staat mit den Interessen von Rüstungskonzernen verflochten war und dass Kriege auch wirtschaftlich motiviert seien. Der kapitalistische Staat sei gezwungen, militärische Konflikte zu führen, um seine wirtschaftlichen Expansionsbestrebungen abzusichern und seinen Einfluss in der Welt zu vergrößern.
Liebknecht sah in der internationalen Solidarität der Arbeiterklasse das wichtigste Mittel zur Bekämpfung des Militarismus. Er forderte die Arbeiter auf, sich nicht von nationalistischen Parolen täuschen zu lassen, sondern sich gegen Krieg und Aufrüstung zu organisieren. Nur durch den gemeinsamen Widerstand der Arbeiter aller Länder könne der Militarismus als Instrument der kapitalistischen Herrschaft überwunden werden. In diesem Zusammenhang plädierte er für eine klare antimilitaristische Haltung innerhalb der sozialistischen Bewegung und forderte die konsequente Ablehnung aller Kriegsbeteiligungen durch die Arbeiterklasse.
Lenins Imperialismustheorie
Wladimir Lenin erweiterte die marxistische Analyse des Militarismus im Kontext seiner Imperialismustheorie. In seiner Schrift Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus (1917) argumentierte er, dass der Imperialismus eine unvermeidliche Entwicklungsstufe des Kapitalismus sei, gekennzeichnet durch die Konzentration des Kapitals und die Bildung von Monopolen. Diese ökonomischen Bedingungen führen zwangsläufig zu militärischen Konflikten zwischen den imperialistischen Mächten um die Aufteilung der Welt. Lenin betonte, dass der Militarismus in diesem Kontext sowohl zur Unterdrückung kolonialer Völker als auch zur Sicherung der Vorherrschaft der imperialistischen Staaten dient.
Besondere Bedeutung hatte dabei die Verknüpfung von ökonomischer Expansion und militärischer Gewalt. Der Einsatz von Streitkräften war für die imperialistischen Staaten ein probates Mittel, um sich neue Absatzmärkte und Rohstoffquellen zu sichern. Lenin sah in dieser Strategie eine systematische Grundlage der Außenpolitik kapitalistischer Großmächte. Je weiter sich die kapitalistischen Produktionsverhältnisse entwickelten, desto intensiver wurden die Versuche der Großmächte, ihre Einflussgebiete durch militärische Gewalt zu sichern oder auszuweiten.
Er betonte, dass der Imperialismus nicht nur eine wirtschaftliche Strategie sei, sondern auch ein Mittel zur inneren Stabilisierung kapitalistischer Gesellschaften darstelle. Die herrschende Klasse lenke durch kriegerische Auseinandersetzungen die Aufmerksamkeit der unterdrückten Klassen von den eigenen sozialen Missständen ab und schüre gezielt nationale Feindbilder. Dadurch würden Klassengegensätze verschleiert und die Arbeiterklasse davon abgehalten, sich gegen ihre eigentlichen Unterdrücker zu erheben.
Lenin erkannte auch, dass die kapitalistischen Staaten in einem ständigen Konkurrenzkampf um neue Absatzmärkte und Ressourcen standen, wodurch Kriege eine zwangsläufige Folge der imperialistischen Expansion wurden. Der Militarismus sei in diesem Sinne nicht bloß ein Nebenprodukt des Kapitalismus, sondern eine systemische Notwendigkeit. Die ständige Aufrüstung diene nicht nur der Expansion nach außen, sondern auch der Sicherung der Macht nach innen.
Die enge Verzahnung von Kapital, Staat und Militär führe dazu, dass Rüstungsindustrien zunehmend an politischem Einfluss gewönnen. Lenin hob hervor, dass die imperialistischen Kriege nicht nur den territorialen Einfluss der Großmächte ausdehnten, sondern auch die Profite der monopolistischen Konzerne sicherten, die eng mit dem Staatsapparat verbunden waren. Die Überproduktion und die zyklischen Krisen des Kapitalismus würden durch militärische Expansion abgemildert, indem neue Märkte erobert und Ressourcen ausgebeutet werden könnten.
Letztlich stellte Lenin fest, dass der Militarismus als ein Hauptinstrument der kapitalistischen Herrschaft fungiere. Eine erfolgreiche Bekämpfung des Militarismus und des Imperialismus sei daher nur möglich, wenn die Arbeiterklasse sich gegen das kapitalistische System insgesamt erhebe. Die revolutionäre Bewegung müsse sich demnach nicht nur gegen Krieg, sondern auch gegen die dahinterstehende Wirtschaftsordnung richten, um eine sozialistische Alternative zu erarbeiten, in der wirtschaftliche Expansion nicht mehr durch militärische Gewalt, sondern durch internationale Kooperation ersetzt werde.
Der militärisch-industrielle Komplex
In der modernen marxistischen Analyse wird der Begriff des militärisch-industriellen Komplexes verwendet, um die enge Verbindung zwischen Militär, Industrie und Politik zu beschreiben. Diese Verflechtung führt zu einer gegenseitigen Abhängigkeit, bei der wirtschaftliche Interessen der Rüstungsindustrie und strategische militärische Überlegungen Hand in Hand gehen. Kritiker argumentieren, dass diese Struktur zu einer perpetuierenden Aufrüstung und einer erhöhten Kriegsgefahr führt, da sowohl ökonomische als auch politische Anreize für militärische Interventionen bestehen.
Diese Entwicklung wurde insbesondere in den Vereinigten Staaten deutlich, wo das Militär nicht nur enorme wirtschaftliche Ressourcen verschlingt, sondern auch einen direkten Einfluss auf die politische Agenda des Landes ausübt. Staaten, die sich gegen die wirtschaftlichen und politischen Interessen des Westens stellen, werden regelmäßig mit militärischen Interventionen bedroht oder tatsächlich angegriffen. Gleichzeitig werden in diesen Gesellschaften immense Summen für militärische Forschung und Entwicklung ausgegeben, während soziale Programme und Bildung zunehmend vernachlässigt werden.
Der Einfluss des militärisch-industriellen Komplexes zeigt sich auch in den engen Verbindungen zwischen politischen Entscheidungsträgern und der Rüstungsindustrie. Hochrangige Regierungsbeamte und ehemalige Militärs wechseln häufig in hohe Positionen bei Rüstungskonzernen oder agieren als Berater für militärische Strategien. Dies führt zu einer Politik, die oft auf die Interessen der Rüstungswirtschaft ausgerichtet ist, anstatt auf diplomatische oder friedliche Lösungen.
Zudem begünstigt diese Verflechtung eine aggressive Außenpolitik. Staaten, die über eine hochentwickelte Rüstungsindustrie verfügen, haben ein wirtschaftliches Interesse daran, ihre Waffen in Konfliktregionen zu exportieren oder selbst militärisch einzugreifen. Dadurch werden internationale Spannungen verstärkt und friedliche Alternativen systematisch geschwächt. Dies ist besonders in den USA, aber auch in der Europäischen Union zu beobachten, wo Rüstungskonzerne erheblichen Einfluss auf politische Entscheidungen haben.
In einem weiteren Schritt verstärkt der militärisch-industrielle Komplex die Kontrolle über die öffentliche Meinung. Medien, die mit der Rüstungsindustrie verbunden sind, verbreiten Narrative, die militärische Interventionen als notwendig und unvermeidlich erscheinen lassen. Dadurch wird die Akzeptanz in der Bevölkerung für militärische Maßnahmen erhöht, während Friedensbewegungen marginalisiert werden.
Diese Mechanismen verdeutlichen, dass der militärisch-industrielle Komplex nicht nur eine wirtschaftliche Struktur ist, sondern eine tiefgreifende politische und ideologische Dimension besitzt. Seine Existenz und sein Einfluss auf die globale Politik unterstreichen die marxistische These, dass der Kapitalismus eine permanente Militarisierung benötigt, um seine eigene wirtschaftliche und politische Stabilität zu sichern. Die Überwindung dieser Strukturen erfordert daher nicht nur eine Abrüstung, sondern eine grundlegende gesellschaftliche Veränderung, die den Einfluss der Rüstungsindustrie auf die Politik nachhaltig beendet.
Der deutsche Militarismus im historischen Kontext
Die Geschichte des deutschen Militarismus bietet ein anschauliches Beispiel für die marxistische Analyse. Vom preußischen Militarismus des 19. Jahrhunderts über die beiden Weltkriege bis hin zur Wiederbewaffnung der Bundesrepublik Deutschland nach 1945 zeigt sich eine Kontinuität militärischer Traditionen. Trotz formaler Brüche, wie der Demilitarisierung nach dem Zweiten Weltkrieg, kam es zu einer schrittweisen Remilitarisierung, insbesondere durch die Integration in die NATO und die Beteiligung an internationalen Militäreinsätzen.
Bereits im Kaiserreich war die deutsche Außenpolitik stark durch militärische Überlegungen geprägt. Der Aufbau der kaiserlichen Marine diente der imperialistischen Expansion, während die militärische Hierarchie die Gesellschaft strukturierte. Nach dem Ersten Weltkrieg und der darauf folgenden Entmilitarisierung unter dem Versailler Vertrag fand der deutsche Militarismus in der nationalsozialistischen Aufrüstung seinen Höhepunkt. Der Zweite Weltkrieg war die konsequente Fortführung der militaristischen und imperialistischen Bestrebungen, die tief in der politischen Kultur verankert waren. Die Kriegswirtschaft formte die industrielle Produktion, die auch nach Kriegsende fortbestand und sich mit den neuen westlichen Bündnisstrukturen verband.
Nach 1945 wurde Deutschland zunächst demilitarisiert, doch bereits in den 1950er Jahren erfolgte die Wiedereingliederung in das westliche Militärbündnis. Die Gründung der Bundeswehr 1955 stellte einen markanten Wendepunkt dar, da sie nicht nur die militärische Stärke Deutschlands wiederherstellte, sondern auch die enge Verknüpfung mit den Interessen des westlichen Kapitals verdeutlichte. Während der Kalte Krieg eine permanente Aufrüstung legitimierte, wurde die militärische Integration Deutschlands in die NATO zum zentralen Bestandteil der Verteidigungspolitik.
Die sogenannte „Zeitenwende“, mit der die Bundesregierung im Jahr 2022 ein massives Aufrüstungsprogramm ankündigte, markiert eine erneute Phase des deutschen Militarismus. Dieses Programm umfasste ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr, das unter anderem in die Modernisierung der Waffensysteme, die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge sowie eine verstärkte Cyber- und Drohnenkriegsführung investiert wurde. Zudem wurde die Erhöhung des Verteidigungshaushalts beschlossen, um langfristig das NATO-Ziel von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Rüstungsausgaben zu erfüllen. Diese Maßnahmen verdeutlichen die wachsende Rolle Deutschlands in militärischen Bündnissen und den zunehmenden Einfluss des Militärs auf politische Entscheidungen. Mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr und dem Ziel, Deutschland wieder zu einer führenden militärischen Macht Europas zu machen, setzen sich historische Kontinuitäten fort. Diese Entwicklungen werden von marxistischen Theoretikern als Ausdruck des fortbestehenden Einflusses des Militarismus und der dahinterstehenden ökonomischen Interessen des deutschen Kapitals interpretiert. Gleichzeitig wird eine zunehmende Militarisierung der öffentlichen Debatte sichtbar, wenn politische Parteien und Medien die Notwendigkeit einer schlagkräftigen Bundeswehr betonen und eine kriegsfähige Gesellschaft propagieren.
Auch auf geopolitischer Ebene ist der deutsche Militarismus wieder aktiv. Die Beteiligung an internationalen Militäreinsätzen sowie die zunehmende Führungsrolle innerhalb der EU in militärischen Fragen zeigen, dass Deutschland sich als Akteur in globalen Machtkonflikten positioniert. Diese Strategie folgt der Logik des Imperialismus, der wirtschaftliche Interessen mit militärischen Mitteln absichert. Insbesondere die enge Zusammenarbeit mit der Rüstungsindustrie und der Export von Waffen in Krisengebiete demonstrieren, wie tief verwurzelt militärische Strukturen in der deutschen Wirtschaft und Politik geblieben sind.
Die marxistische Kritik sieht im deutschen Militarismus eine Reproduktion der historischen Muster, die in den vergangenen Jahrhunderten zu Kriegen und imperialistischen Konflikten führten. Eine grundlegende Überwindung dieser Entwicklung erfordert eine politische Bewegung, die sich aktiv gegen Militarisierung, Aufrüstung und imperialistische Bestrebungen stellt. Nur durch eine bewusste Abkehr von kapitalistischen Interessen und einer alternativen friedenspolitischen Strategie kann eine nachhaltige Entmilitarisierung erreicht werden.
Fazit
Aus marxistischer Sicht ist der Militarismus kein isoliertes Phänomen, sondern tief in den ökonomischen und sozialen Strukturen des Kapitalismus verankert. Er dient sowohl der Aufrechterhaltung der inneren Klassenherrschaft als auch der imperialistischen Expansion nach außen. Die Überwindung des Militarismus erfordert demnach eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse hin zu einer sozialistischen Gesellschaftsordnung, in der die Produktionsmittel vergesellschaftet und die Klassenunterschiede aufgehoben sind.
Ein dauerhafter Frieden kann nur auf der Grundlage einer sozialistischen Weltordnung entstehen, in der Kriege als Mittel der Politik obsolet werden. Solange der Kapitalismus besteht, wird der Militarismus eine ständige Bedrohung bleiben, da er die strukturellen Zwänge dieses Systems widerspiegelt. Eine bewusste Massenbewegung, die sich gegen Aufrüstung, Kriegspolitik und imperialistische Interventionen stellt, ist daher eine zentrale Voraussetzung für eine friedliche Zukunft.
Um den Militarismus wirksam zu bekämpfen, bedarf es einer umfassenden politischen und wirtschaftlichen Umgestaltung, die sowohl nationale als auch internationale Aspekte berücksichtigt. Die Militarisierung der Gesellschaft kann nur durch eine breite, klassenbewusste Bewegung der Arbeiterklasse und aller friedliebenden Kräfte gestoppt werden. Die Verbindung von antimilitaristischen und sozialistischen Bestrebungen ist essenziell, um langfristig eine friedliche Gesellschaftsordnung zu gewährleisten.
Neben der Bekämpfung der direkten militärischen Bedrohung ist es notwendig, auch die ideologische Basis des Militarismus zu hinterfragen. Schulen, Medien und kulturelle Institutionen sind zentrale Werkzeuge, durch die militaristische Werte in der Gesellschaft verankert werden. Eine fortschrittliche Bewegung muss daher nicht nur auf der wirtschaftlichen und politischen Ebene wirken, sondern auch die ideologischen Mechanismen, die Militarismus legitimieren, aufdecken und bekämpfen.
Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die internationale Solidarität. Nur durch die Zusammenarbeit der unterdrückten Klassen auf globaler Ebene kann der Imperialismus nachhaltig zurückgedrängt werden. Der Aufbau starker internationaler Bündnisse, die sich gegen imperialistische Kriege und Rüstungswettläufe stellen, ist ein notwendiger Schritt, um eine friedlichere und gerechtere Welt zu schaffen. Ein sozialistischer Internationalismus, der auf der Überwindung nationalstaatlicher Rivalitäten und kapitalistischer Profitinteressen beruht, ist der Schlüssel zur Überwindung des Militarismus.
Letztlich muss der Kampf gegen den Militarismus als Teil eines umfassenden revolutionären Prozesses verstanden werden. Die sozialistische Transformation der Gesellschaft ist die einzige realistische Alternative zu einer Welt, die von Krieg, Unterdrückung und kapitalistischer Ausbeutung geprägt ist. Nur durch eine tiefgreifende Veränderung der politischen und wirtschaftlichen Strukturen kann der Militarismus endgültig überwunden und eine nachhaltige Friedensordnung geschaffen werden.