Großmütter im Dienst der NATO
Wenn Antifaschismus zur Kriegspropaganda verkommt
Eine Bewegung wird zur Waffe gegen den Frieden. Wie die »Omas gegen rechts« gezielt eingesetzt werden, um oppositionelle Kräfte zu spalten, den Imperialismus zu bemänteln und die Friedensbewegung zu diffamieren.
Was auf den ersten Blick nach Mut und Haltung aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als zynisches Schauspiel: grauhaarige Damen mit Transparenten gegen Rassismus, mit Schildern gegen Neonazis, scheinbar unbeirrt auf den Straßen, demonstrierend für Demokratie – und dabei objektiv agierend im Sinne der NATO-Politik. Der bürgerliche Anschein von Protest entpuppt sich als Tarnmantel für staatstragende, kriegsfreundliche Propaganda. Die Rede ist von den sogenannten »Omas gegen rechts« – einer Bewegung, die sich antifaschistisch gibt, doch bei genauem Hinsehen ein anderes Gesicht zeigt: Bei Kundgebungen tragen sie zwar Schilder gegen Rechtsextremismus, doch gleichzeitig stehen sie mit Israel-Fahnen an der Seite ukrainischer Nationalisten oder verhöhnen auf Social Media die Ostermarschierer als »Putinfreunde« und »Hamas-Unterstützer«. So postete die OGR Berlin etwa am 30. März ein Bild mit dem Slogan »Gegen rechte Querfront – gegen Russlandfreunde und Terrorversteher«, das gezielt linke Friedensgruppen diffamieren sollte. Der Widerspruch zwischen Friedensrhetorik und aggressivem Antikommunismus tritt offen zutage – ganz wie einst bei den antikommunistischen Kampagnen der frühen Bundesrepublik, die sich ebenfalls den Anschein moralischer Überlegenheit gaben, während sie jede systemkritische Stimme unterdrückten. Sie entpuppen sich als Teil einer staatsnahen Kampagnenstruktur, die aktiv im Dienst der Kriegspolitik steht. Dabei werden gezielt die Symbole von Humanität und Widerstand übernommen und instrumentalisiert, um sie in den Dienst der NATO und westlicher Interessen zu stellen.
Von der Courage zur Komplizin
Gegründet 2017 in Österreich, kam die Gruppe bald auch in die BRD, wo sie rasch von ehemaligen CDU- und SPD-Funktionären aufgebaut wurde. Eine zentrale Rolle spielte dabei Anna Ohnweiler, die zunächst für die CDU aktiv war und später in die SPD eintrat. Unter ihrer Leitung formierten sich zahlreiche Regionalgruppen, die bald mit staatlichen Stellen kooperierten. Die Ursprünge im bürgerlich-reformistischen Lager sind kein Zufall: Statt revolutionären Antifaschismus im Sinne Karl Liebknechts und Ernst Thälmanns zu praktizieren – also verbunden mit Klassenanalyse, internationaler Solidarität und konsequenter Systemkritik –, geben sich die »Omas« mit staatstragenden Floskeln zufrieden, die jeden Bruch mit der imperialistischen Kriegspolitik vermeiden. „Nie wieder Faschismus“ – ja. Aber nur, solange er nicht mit NATO-Panzern und israelischen Bomben daherkommt. Von Beginn an wurden die Strukturen der OGR stark in Richtung eines NATO-kompatiblen, antikommunistischen Antifaschismus ausgerichtet. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung im Februar 2022 betonte die OGR-Mitgründerin Anna Ohnweiler ausdrücklich ihre Unterstützung für Waffenlieferungen an die Ukraine. Zudem beteiligt sich die Organisation regelmäßig an Veranstaltungen mit »Pulse of Europe« und der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung – eine Nähe, die ihre politische Verortung klar macht. Bereits früh traten sie mit Gruppen wie »Pulse of Europe« auf, unterstützten öffentlich die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine und grenzten sich explizit von kommunistischen und sozialistischen Organisationen ab. So wurde etwa die Teilnahme der VVN-BdA an Friedensaktionen kritisiert, während man sich offen an Kampagnen von Regierungsparteien beteiligte.
Wenn der Imperialismus im Namen des »Wertewestens« Kriege führt, bleibt von der angeblichen Friedensliebe der »OGR« nichts übrig. So organisierten sie 2023 eine Gegenkundgebung zum traditionellen Ostermarsch in Berlin, bei der sie gemeinsam mit antideutschen Gruppen und unter Israel-Fahnen gegen Friedensaktivistinnen hetzten – darunter Vertreter der GEW München, der Palästina-Solidarität und des Bundesausschusses Friedensratschlag. Im Gegenteil: Mit eigenen Mobilisierungen gegen den traditionellen Ostermarsch, mit Hetze gegen kommunistische Gruppen, Gewerkschafter und Palästina-Solidarität, mit Diffamierungen als »Putinfreunde« und »Hamas-Unterstützer« zeigen sie, wo sie stehen: auf der Seite der deutschen Kriegspolitik. In sozialen Medien, bei Interviews und sogar bei gemeinsamen Aktionen mit klar rechtsnationalistischen ukrainischen Gruppen – etwa Anhängern des Asow-Regiments oder der Bandera-Lobby – wird deutlich: Hier wird eine Frontlinie gegen links aufgebaut – nicht gegen rechts.
Der neue Staatsantifaschismus
Was wir hier erleben, ist die Wiederauflage des sogenannten „wehrhaften Antifaschismus“ der Bundesrepublik – also die staatlich gelenkte Instrumentalisierung antifaschistischer Begriffe zur Absicherung der imperialistischen Ordnung. Die »Omas gegen rechts« passen exakt in diese Linie: Mit Fördergeldern der Bundesregierung, unterstützt von Organisationen wie der Amadeu-Antonio-Stiftung, die 2024 beispielsweise den ersten Bundeskongress der OGR in Erfurt mitfinanzierte – ein Projekt, das laut eigener Darstellung dem 'Kampf gegen Demokratiefeinde' diente und aus dem Bundesprogramm »Demokratie leben!« gefördert wurde, die seit Jahren einen proisraelischen Kurs fährt und jede linke Kritik an Besatzung und Kolonialismus als Antisemitismus verleumdet. Ihr Agieren fügt sich nahtlos in die Agenda der „Zeitenwende“ ein – in die neue Militarisierung, die Deutschland erneut „kriegstüchtig“ machen soll. Verteidigungsminister Boris Pistorius erklärte im Januar 2024 ausdrücklich, dass „Deutschland wieder kriegstüchtig werden muss“, um die sicherheitspolitischen Anforderungen der Zukunft zu erfüllen – ein Paradigmenwechsel, den auch die OGR durch ihre Parteinahme für Waffenexporte und Aufrüstung mittragen.
Die »Omas« wirken als moralischer Schutzschild für eine Politik der Aufrüstung und des Krieges. Sie sollen – und das gelingt ihnen teilweise – dem einfachen Bürger einreden, dass Waffenlieferungen Frieden schaffen. In einem Tweet vom April 2023 etwa schrieb die OGR Köln: »Panzer schützen Menschenleben – wer dagegen ist, hat nichts aus der Geschichte gelernt.« Solche Aussagen illustrieren den Wandel vom pazifistischen Anspruch zur Unterstützung militärischer Eskalation, dass NATO-Kriege Menschenrechte verteidigen, und dass jeder, der dagegen protestiert, mit Nazis oder Islamisten im Bunde sei. Durch gezielte Medienarbeit, durch Verknüpfungen mit Jugendbewegungen wie »Fridays for Future«, mit denen gemeinsame Demonstrationen organisiert und Aufrufe zu Mahnwachen und Solidaritätsaktionen für die Ukraine verbreitet wurden und durch eine enge Zusammenarbeit mit den Grünen entsteht ein Netz der ideologischen Frontenbildung gegen links.
Ein Bündnis mit Faschisten – aber die richtigen
Am diesjährigen Ostermarschwochenende in Berlin zeigte sich der politische Bankrott dieser Bewegung besonders deutlich. Eine Sprecherin der OGR bezeichnete in einem Redebeitrag die Ostermarschierer als »Feinde der Demokratie«, während im Hintergrund Schilder mit der Aufschrift »Keine Querfront mit Putinisten« hochgehalten wurden – ein Bild, das die ideologische Entgleisung dieser Gruppe auf den Punkt bringt. Während Tausende Menschen für Abrüstung, gegen Waffenexporte und für ein Ende des Völkermords in Gaza demonstrierten, marschierten die »OGR« mit »Asow«-Anhängern, mit ukrainischen Nationalisten, mit Unterstützern einer Selenskij-Regierung, die offen faschistische Parolen verbreitet und den Terror gegen die russischsprachige Bevölkerung vorantreibt. Dass solche Allianzen möglich sind, zeigt: Es geht nicht um Antifaschismus, sondern um Kriegsmobilisierung. Bereits in früheren Jahrzehnten wurden progressive Bewegungen durch vermeintlich zivilgesellschaftliche Gruppen unterwandert, um eine Spaltung herbeizuführen. Auch heute erleben wir, wie unter dem Deckmantel vermeintlicher moralischer Überlegenheit – etwa dem pauschalen Verweis auf Menschenrechte, westliche Werte oder die Verteidigung der Demokratie – eine Front gegen den Frieden aufgebaut wird – und zwar Seite an Seite mit jenen Kräften, gegen die echter Antifaschismus sich historisch immer gerichtet hat im fortschrittlichen Gewand.
Wer schweigt, wenn Kinder in Gaza sterben, aber laut wird, wenn Friedensgruppen »Stopp aller Kriege« rufen, hat jedes moralische Fundament verloren. Wer marxistische, kommunistische und internationalistische Kräfte in eine Reihe mit der AfD stellt – wie es etwa 2023 in einem OGR-Statement geschah, das linke Friedensgruppen gemeinsam mit rechten Kräften als »Querfront der Demokratiefeinde« bezeichnete –, betreibt die perfideste Form der Gleichsetzung von links und rechts – eine, wie sie die Bundeszentrale für politische Bildung in ihren Lehrheften propagiert. Das ist kein Zufall, sondern staatlich organisierte Desorientierung, die jeden Versuch untergräbt, die wahren Ursachen von Krieg und Faschismus – den Imperialismus und das Monopolkapital – zu benennen.
Der Bruch mit dem echten Antifaschismus
Der antifaschistische Kampf, wie er in der DDR geführt wurde – mit klarem Klassenstandpunkt, mit internationaler Solidarität und mit dem unerschütterlichen Ziel des Friedens – hat mit diesen »Omas« nichts zu tun. In der DDR wurde Antifaschismus durch konkrete Maßnahmen verwirklicht: etwa durch die Aufarbeitung faschistischer Verbrechen in der Schulbildung, die Ahndung von NS-Tätern durch Volksgerichte, die Unterstützung nationaler Befreiungsbewegungen in Afrika, Asien und Lateinamerika sowie die enge Zusammenarbeit mit Veteranen des Widerstands gegen das Hitler-Regime. All dies steht im direkten Widerspruch zum staatlich abgesicherten Moralgestus der OGR, die Kriegspropaganda im Namen des Antifaschismus betreiben. Thälmann hätte sie wohl als »Lackschuhsozialisten« verspottet. Ihre »Demokratieprojekte« dienen nicht dem Fortschritt, sondern der Festigung einer aggressiven, imperialistischen Ordnung, in der Kritik am Westen sofort als »extremistisch« oder »verschwörerisch« gilt. Echte Antifaschisten sind für Frieden, gegen NATO, gegen Besatzung, gegen das globale Gewaltregime des Westens.
Dabei gab es auch unter den »OGR« Stimmen der Vernunft: Frauen aus der Friedensbewegung der 68er, die sich gegen die NATO-Waffenlieferungen und für Gaza einsetzen wollten. Doch sie wurden ausgeschlossen, verächtlich gemacht, entmutigt. Denn der Friedensgedanke ist in der NATO-treuen OGR-Welt unerwünscht – ein Relikt der Vergangenheit, das als »Privatsache« behandelt werden soll. Was bleibt, ist ein Apparat, der die Kriegspropaganda von morgen mit den Symbolen des Widerstands von gestern maskiert – etwa mit dem Bild der weißen Rose, dem Aufruf »Nie wieder!« oder der Erinnerung an Auschwitz, die instrumentalisiert werden, um NATO-Kriege zu rechtfertigen.
Unsere Aufgabe
Antifaschismus kann nicht staatlich delegiert werden. Er ist untrennbar verbunden mit dem Kampf gegen Imperialismus, gegen Kapitalismus und Krieg. Die »Omas gegen rechts« sind ein trauriges Beispiel dafür, wie scheinbar zivilgesellschaftlicher Protest zur Stütze der herrschenden Ordnung wird. Ihre Popularität in den Medien, ihre Anbindung an Regierungsstrukturen, ihre ideologische Nähe zu den Grünen und anderen Kriegsparteien entlarvt sie.
Wir brauchen einen neuen, entschlossenen, marxistischen Antifaschismus, wie er etwa vom Deutschen Freidenker-Verband, vom Berliner Bündnis »Heizung, Brot und Frieden« oder vom Bundesausschuss Friedensratschlag vertreten wird, der sich auf die Lehren der DDR und die Traditionen der revolutionären Arbeiterbewegung stützt. Einen Antifaschismus, der sich nicht kaufen, nicht erpressen und nicht spalten lässt. Einen Antifaschismus, der international denkt, der Palästina genauso verteidigt wie Donezk, der für Frieden einsteht – auch wenn es unbequem ist.
Wer heute gegen Krieg aufsteht, wer Abrüstung und Gerechtigkeit fordert, wer Palästina verteidigt und Russland nicht zum ewigen Feind erklären will, der steht unter Beschuss – auch durch scheinbar harmlose »Omas«. Doch wir lassen uns nicht täuschen. Der wahre Antifaschismus lebt – in der Friedensbewegung, in der internationalen Solidarität, in der marxistischen Analyse. Und er bleibt kämpferisch.
Du willst den Frieden?
Dann bekämpfe den Krieg –
und seine bürgerlichen Helfer in bunten Westen!
und seine bürgerlichen Helfer in bunten Westen!