EIN UNGEHEUER KEHRT ZURÜCK –
DER NEUE FASCHISMUS IM DIENSTE DES FINANZKAPITALS
Faschismus – ein Werkzeug des Kapitals
„Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“ – mit diesen Worten warnte Bertolt Brecht in seinem Theaterstück *Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui* eindringlich vor der Möglichkeit, dass der Faschismus niemals endgültig überwunden sei. Für viele Antifaschistinnen und Antifaschisten, besonders geprägt durch die Erfahrungen der DDR und im Geiste des Schwurs von Buchenwald, war dies kein literarischer Kunstgriff, sondern ein kämpferischer Auftrag: **Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg. Nie wieder Kapitalismus.
Diese Warnung ist heute aktueller denn je. Wer meint, die Welt von heute unterscheide sich grundlegend von jener der 1920er und 1930er Jahre, der verkennt die Dynamik der kapitalistischen Krisen. Auch damals kam der Faschismus nicht über Nacht, sondern kroch langsam und schleichend aus den Trümmern ökonomischer und gesellschaftlicher Verwerfungen. Auch damals vertraute man auf parlamentarische Mittel, auf Vernunft, auf angebliche Selbstheilungskräfte des Systems – und wurde eines Besseren belehrt. Die Geschichte zeigt: Der Faschismus tritt auf, wenn die herrschenden Klassen ihn brauchen.
Heute geschieht Ähnliches – nur raffinierter, moderner, mit medialer Begleitung: So etwa beim Ausbau von Notstandsgesetzen in Frankreich unter dem Vorwand der Terrorabwehr, dem systematischen Einsatz von Gesichtserkennung und Massenüberwachung in Großbritannien oder der Einschränkung von Streikrechten in Deutschland. Solche Maßnahmen werden in der Öffentlichkeit oft als Sicherheitsvorkehrungen verkauft, doch sie bereiten den Boden für eine autoritäre Wende und durchsetzt mit scheinbar demokratischen Prozessen. Der Faschismus trägt keinen Stahlhelm mehr, sondern das Lächeln des Technokraten, den Anzug des Vorstandsvorsitzenden und die Sprache der Marktlogik. Er kommt nicht in brauner Uniform, sondern als Sicherheitsgesetz, als „verantwortungsvolle Außenpolitik“ und als „investitionsfreundliche Ordnungspolitik“. Doch das Ziel bleibt gleich: Unterwerfung, Disziplinierung und Verwertbarkeit des Menschen im Dienste der kapitalistischen Macht.
Gerade in Krisenzeiten, wenn die Widersprüche des Systems offenkundig werden, greifen die Eliten zu autoritären Antworten. In der Pandemie wurden Grundrechte eingeschränkt, in der Klimakrise werden Ängste geschürt, in der sogenannten Sicherheits- und Verteidigungspolitik wird aufgerüstet. Der Kapitalismus reagiert nicht mit Reformen, sondern mit Repression. Was als Ausnahme deklariert wird, wird zur neuen Normalität. Und jeder, der daran zweifelt, wird moralisch isoliert, wirtschaftlich bedroht oder politisch kaltgestellt.
Darum ist die Erinnerung an Brechts Warnung nicht nur ein literarisches Zitat, sondern ein Handlungsauftrag. Es geht nicht um Nostalgie. Es geht um die nüchterne Erkenntnis, dass Faschismus immer dann entsteht, wenn das Kapital keine andere Lösung mehr sieht – und bereit ist, jedes Mittel zu ergreifen, um seine Vorherrschaft zu sichern. Unsere Aufgabe ist es, diese Mechanismen zu entlarven, Widerstand zu organisieren und die Systemfrage zu stellen. Denn nur so lässt sich verhindern, dass sich Geschichte als Tragödie und Farce zugleich wiederholt.
Der Faschismus wächst in der Mitte der Gesellschaft
In allen westlichen Staaten sind ultrarechte, neofaschistische und militaristische Kräfte auf dem Vormarsch. Sie sind längst keine Randerscheinung mehr. Ihre Unterstützung wächst in breiten Teilen der Bevölkerung, in Polizei, Justiz und Armee. Ihre Rhetorik durchdringt Medien und Bildungseinrichtungen. Ihre Netzwerke reichen tief in die Parlamente. Das alles ist keine spontane Bewegung von unten – sondern das Resultat gezielter Einflussnahme durch mächtige Akteure aus Wirtschaft und Hochfinanz. Diese Entwicklung ist das Produkt einer systematisch geförderten Strategie der sozialen Spaltung und kulturellen Fragmentierung.
Die Rechten bedienen sich gezielt der sozialen Unsicherheit, die der neoliberale Kapitalismus produziert hat. Arbeitslosigkeit, Prekarisierung, Angst vor dem sozialen Abstieg – all das wird von faschistoiden Kräften als Munition genutzt. Ihre Hetze gegen Migranten, gegen Erwerbslose oder gegen linke Bewegungen lenkt von den wahren Ursachen der Krise ab und dient der Stabilisierung der Machtverhältnisse.
Hinzu kommt die Rolle der Medienkonzerne – etwa der Springer-Konzern mit seinen Publikationen wie *Bild* oder *Welt*, die regelmäßig Narrative bedienen, die rechte Stimmungsmache fördern und systemkritische Bewegungen delegitimieren, die oftmals durch ihre Eigentümerstruktur selbst dem Großkapital verpflichtet sind. Sie geben ultrarechten Narrativen Raum, während sie gleichzeitig fortschrittliche, systemkritische Stimmen marginalisieren oder verächtlich machen. So entsteht ein Klima, in dem die Lüge zur Wahrheit wird, und in dem die Täter sich als Opfer inszenieren können. Der Aufstieg der Rechten ist kein Unfall, sondern das Resultat eines gesellschaftlichen Klimawandels, bei dem die Kälte von oben nach unten durchgereicht wird.
Clara Zetkin erkannte bereits 1923: „Der Faschismus \[...] ist ein Ausfluss der Zerrüttung und des Zerfalls der kapitalistischen Wirtschaft.“ In einer Zeit, in der Millionen ihre soziale Sicherheit verlieren, in der Vertrauen in den bürgerlichen Staat und seine Institutionen zerbricht, schlägt die Stunde des Faschismus. Er verspricht Ordnung, Sicherheit und nationale Größe – während er in Wahrheit nur die Interessen des Kapitals schützt. Dieses Versprechen ist hohl, doch in der Krise klingt es für viele verführerisch. Der Faschismus gibt scheinbar einfache Antworten auf komplexe Probleme – und genau das macht ihn so gefährlich.
Die Hand im Hintergrund: Das Finanzkapital
Georgi Dimitroff definierte 1935 den Faschismus als „die offene terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten und imperialistischsten Elemente des Finanzkapitals“. Diese Definition ist von brennender Aktualität. Faschismus ist keine Laune, keine moralische Entgleisung, sondern Ausdruck ökonomischer Interessen in Zeiten der Krise. Heute wird dieser Mechanismus offen sichtbar:
Konzerne wie BlackRock verwalten über elf Billionen Dollar – eine Summe, die weit über dem Staatshaushalt der Bundesrepublik liegt. Solche Giganten sind nicht einfach Marktteilnehmer. Sie sind Machtzentren, die Regierungen dominieren. Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender und früherer Lobbyist dieses Finanzgiganten, symbolisiert den direkten Durchgriff des Großkapitals auf die politische Macht. Er steht für eine Politik, die im Namen der „marktkonformen Demokratie“ Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Frieden zerschlägt. Der Begriff Demokratie wird zu einem Etikettenschwindel, unter dem sich die reale Politik als Konzernstrategie entpuppt.
Die Verflechtung von Politik und Kapital ist heute so eng wie nie zuvor. Von der Personalpolitik in Ministerien über Gesetzesinitiativen bis hin zur EU-Wirtschaftspolitik – überall sitzen Lobbyisten in Schlüsselpositionen. Ihre Aufgabe besteht darin, Profitinteressen zu sichern, Märkte zu erweitern und Regulierungen zugunsten der Konzerne auszugestalten. Der Parlamentarismus wird zur Kulisse einer Realität, in der Entscheidungen längst in Vorstandsetagen, internationalen Fonds und geopolitischen Machtzentren getroffen werden.
In diesem Kontext wird Politik zur Erfüllungsgehilfin des Profits: Milliarden werden für Rüstung locker gemacht, während Krankenhäuser geschlossen, Schulen unterfinanziert und Löhne gedrückt werden. Kritische Stimmen werden diffamiert, Protest kriminalisiert. Demokratie wird zur Fassade, unter der sich die Herrschaft des Kapitals verbirgt.
Und die Medien? Sie spielen eine zentrale Rolle im Erhalt dieser Ordnung. Sie reproduzieren die Sprachregelungen der Konzerne, schüren Angst vor äußeren Feinden und beschweigen oder delegitimieren systemkritische Positionen. So wird ein Bewusstsein geschaffen, das Ungerechtigkeit als alternativlos akzeptiert. Der neue Faschismus kommt nicht nur mit Polizeiknüppeln – er kommt mit Talkshows, Schlagzeilen und Leitartikeln, die jeden Zweifel am Kurs der Regierung als „radikal“ brandmarken.
Die Frage, wer heute wirklich regiert, ist keine verschwörungstheoretische, sondern eine machtanalytische. Es ist das internationale Finanzkapital, das die Geschicke der Staaten lenkt. Und es ist genau dieser ökonomische Block, der im Ernstfall nicht davor zurückschreckt, autoritäre Maßnahmen durchzusetzen – wenn nötig auch unter dem Deckmantel demokratischer Institutionen.
### Die Kriegstreiber sitzen in Berlin und Brüssel
Die sogenannte Zeitenwende ist nichts anderes als ein Frontalangriff auf den Frieden. Unter dem Vorwand eines angeblich notwendigen militärischen Gleichgewichts wird aufgerüstet, werden Kampfpakete geschnürt und Kriegspläne geschmiedet. Deutschland stellt über 200 Milliarden Euro für Aufrüstung bereit. Die Europäische Union will bis 2030 über 800 Milliarden in militärische Strukturen pumpen – unter maßgeblicher Beteiligung deutscher Konzerne wie Rheinmetall.
Diese Zahlen sind Ausdruck einer Kriegspolitik, die sich nicht aus Notwehr ergibt, sondern aus Berechnung. Es geht um Rohstoffe, Einflusszonen und geopolitische Vorherrschaft. Russland wird zum Feindbild stilisiert, um die Kriegswirtschaft anzukurbeln und die Bevölkerung auf „Opfer“ einzuschwören. Rüstungsmanager sprechen offen von einer „Super-Konjunktur“ – das Geschäft mit dem Tod boomt. Gleichzeitig wird die gesamte Gesellschaft mental auf den Krieg vorbereitet: Medien übernehmen Kriegsrhetorik, Politiker sprechen vom „Verteidigungsfall“, und zivile Einrichtungen werden auf militärische Nutzung umgestellt.
Die öffentliche Infrastruktur wird zunehmend militarisiert. Tiefgaragen werden zu Notlazaretten erklärt, Schulen erhalten Einsatzpläne für den Kriegsfall, und Hilfswerke werden in den Dienst der Bundeswehr gestellt. Es ist ein schleichender Prozess, der in seiner Gesamtheit einen Ausnahmezustand vorbereitet, der längst kein Ausnahmezustand mehr ist. Krieg soll zur Normalität werden, zur neuen Leitidee westlicher Politik.
Zugleich werden demokratische Rechte abgebaut. Die Wissenschaft wird instrumentalisiert, Panik als politische Methode etabliert, Kontrolle und Überwachung ausgebaut. Wer widerspricht, gilt als Feind. Friedensdemonstrationen werden überwacht, pazifistische Stimmen diffamiert und kriminalisiert. Der Faschismus tritt nicht im Braunhemd auf – er kommt im Anzug, mit Sprechzettel, Rüstungsverträgen und dem Etikett „Verantwortung“. Er bedient sich der Sprache der Vernunft, während er die Vernunft systematisch untergräbt. Der Krieg beginnt nicht mit Schüssen, sondern mit Gedanken und Begriffen, die das Denken gleichschalten. Genau deshalb ist Widerstand nicht nur möglich, sondern notwendig.
Eine Linke zwischen Anpassung und Aufgabe
Die Kräfte, die einst gegen Faschismus, Krieg und Ausbeutung kämpften, schweigen heute vielerorts oder haben sich dem System angepasst. Die Sozialdemokratie ist vollständig Teil der imperialistischen Ordnung geworden. Auch Die Linke steht an einem Scheideweg: Teile flirten mit Regierungsbeteiligung, andere versinken in Sprachregelungen und Illusionen. Der politische Gegner aber rüstet längst auf. Während die parlamentarische Linke über Identitätsfragen diskutiert, bereitet sich die herrschende Klasse auf den Ernstfall vor. Und dieser Ernstfall ist nicht etwa ein externer Angriff, sondern das mögliche Aufbegehren der eigenen Bevölkerung gegen Armut, Ungleichheit und Kriegspolitik.
Ein echter Widerstand muß internationalistisch sein, antimilitaristisch, klassenbewusst und systemüberwindend. Er muß den Frieden als revolutionäre Aufgabe begreifen, nicht als diplomatische Formel. Frieden ist nicht die Abwesenheit von Krieg, sondern die Aufhebung von Ausbeutung, Unterdrückung und imperialer Herrschaft. Wer heute Frieden will, muß den Kapitalismus in Frage stellen. Wer Demokratie will, muß die Macht des Finanzkapitals brechen. Wer Freiheit will, darf sich mit dem Faschismus nicht arrangieren, sondern muß ihm entschlossen entgegentreten – auf der Straße, im Betrieb, im Parlament, in den Medien.
Dieser Widerstand darf sich nicht an den Spielregeln der herrschenden Ordnung orientieren, sondern muß sich auf die Kräfte stützen, die tagtäglich vom System ausgebeutet und unterdrückt werden. Arbeiterinnen und Arbeiter, Erwerbslose, Jugendliche, Rentner, Menschen mit Migrationshintergrund – sie sind die Mehrheit, sie tragen die Gesellschaft. Ihre Stimme muß gehört, ihre Kraft organisiert werden. Der Aufbau einer neuen linken Bewegung, die den Bruch mit dem System nicht nur denkt, sondern organisiert, ist überfällig. Es geht nicht mehr um Reformen im System, sondern um eine Alternative zum System selbst.
Antifaschismus bedeutet Kapitalismus überwinden
Es reicht nicht, sich gegen Neonazis zu positionieren, wenn man die eigentlichen Drahtzieher unberührt lässt. Antifaschismus ohne Kapitalismuskritik ist wie ein Haus ohne Fundament. Der Faschismus ist keine historische Ausnahme – er ist Teil der kapitalistischen Logik. In der Krise greift das Kapital zur offenen Diktatur. Solange die ökonomische Wurzel des Faschismus unangetastet bleibt, wird er in neuen Formen immer wiederkehren. Er passt sich an, tarnt sich als Mitte, als Pragmatismus oder Sicherheitspolitik – doch im Kern bleibt er Gewalt im Dienste des Profits.
Wir stehen heute vor der Wahl: Unterwerfung oder Widerstand. Wer schweigt, macht sich mitschuldig. Wer hofft, es werde schon nicht so schlimm kommen, vergisst 1933. Damals stand der Faschismus binnen weniger Jahre in voller Blüte – getragen von jenen, die dachten, es werde sich beruhigen. Die Warnungen, die Stimmen derer, die klar sahen, wurden verspottet oder ignoriert. Die Folgen waren Krieg, Völkermord, Diktatur und die Zerschlagung jeder fortschrittlichen Kraft. Es wäre eine gefährliche Illusion zu glauben, die heutige Demokratie sei gegen eine ähnliche Entwicklung gefeit.
Deshalb müssen wir heute mit Klarheit und Konsequenz handeln. Wir müssen die Ursachen benennen, die Interessen analysieren und unsere Kräfte bündeln. Es braucht eine neue Kultur des Widerstands, die sich nicht von Angst oder Anpassung lähmen lässt. In den Betrieben, in den Stadtteilen, in den Schulen und Universitäten müssen wir Gegenmacht aufbauen, solidarische Netzwerke knüpfen und das Schweigen durchbrechen. Der Kampf um den Frieden ist untrennbar mit dem Kampf um soziale Gerechtigkeit, um Emanzipation und um eine neue, sozialistische Ordnung verbunden. Nur wenn wir den Kapitalismus selbst überwinden, können wir dem Faschismus die Grundlage entziehen.
Nie wieder Faschismus. Nie wieder Krieg. Nie wieder Kapitalismus.

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