Das Banner des Sieges weitertragen!
Zum 80. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus:
Gedenken, Analyse, Kampfauftrag
Am 8. Mai 2025 jährte sich zum achtzigsten Mal der Tag der Befreiung vom deutschen Faschismus. Während sich die BRD und ihre politischen Eliten vom historischen Erbe der antifaschistischen Verantwortung verabschieden und stattdessen wieder Kriegstüchtigkeit propagieren, organisierte die *junge Welt* eine kraftvolle Gedenkveranstaltung in der Berlin. Ihr Titel: **„Das Banner des Sieges weitertragen“** – eine klare Kampfansage an den neuen deutschen Militarismus und eine Erinnerung daran, wem wir die Befreiung von der Barbarei wirklich zu verdanken haben. Diese Veranstaltung war mehr als nur ein Rückblick – sie war eine offensive, kämpferische Standortbestimmung inmitten der ideologischen und militärischen Mobilmachung der Gegenwart.
Gegen Geschichtsfälschung und Kriegspolitik
Die politische Lage in Europa ist dramatisch: Der wichtigste Nachfolgestaat der Sowjetunion, **Russland**, wird systematisch aus offiziellen Gedenkveranstaltungen ausgeschlossen – ein ungeheuerlicher Akt der Geschichtsfälschung, der das wahre Wesen der Befreiung und ihrer Träger ins Gegenteil verkehrt. Während im Westen Kränze niedergelegt und warme Worte gesprochen werden, marschiert die Bundeswehr Richtung Osten. Die bürgerlichen Parteien der BRD reden offen von „Kriegstüchtigkeit“, als ginge es darum, das Jahr 1941 noch einmal zu wiederholen – diesmal mit NATO-Kommando, High-Tech-Waffen und Satellitenüberwachung gegen Moskau. Die Parallelen sind unübersehbar.
Der Antifaschismus, einst eine Gründungserzählung der DDR und moralische Lehre aus dem Völkermord des deutschen Imperialismus, wird heute von Liberalen zur Rechtfertigung neuer Aggressionen missbraucht. Im Namen einer sogenannten „regelbasierten Ordnung“ wird das deutsche Militär in Stellung gebracht – gegen Russland, gegen China, gegen den globalen Süden. Diese neue Rhetorik des Imperialismus ist besonders gefährlich, weil sie sich moralisch tarnt. Die radikale Rechte fordert offen eine erinnerungspolitische „180-Grad-Wende“ und erklärt den 8. Mai zur Niederlage. Der antifaschistische Konsens ist zerschlagen, das Erbe der DDR wird mit Füßen getreten. Die Botschaft lautet: Nie wieder Krieg – außer er dient deutschen Interessen.
Historische Wahrheit:
Der deutsche Genozid an der Sowjetbevölkerung
Die russische Historikerin **Ksenia Chepikova** sprach auf der Veranstaltung mit schonungsloser Klarheit über ein lange verdrängtes Thema: den **geplanten Massenmord an der sowjetischen Bevölkerung** im Zweiten Weltkrieg. Die Planer der Wehrmacht und der NS-Führung rechneten eiskalt aus, dass 30 Millionen Menschen im Osten sterben müssten, um die Versorgung der Wehrmacht mit Nahrungsmitteln zu sichern. Es war keine Folge des Krieges – es war seine Absicht. Die Umsetzung dieses „Hungerplans“ forderte den Tod von 4 bis 7 Millionen Kriegsgefangenen und Zivilisten – vorsätzlich, systematisch, industriell.
Chepikova belegte, dass dieses Verbrechen alle Kriterien eines Genozids erfüllt – und in einer Reihe mit dem Holocaust sowie dem Völkermord an Sinti und Roma zu nennen ist. Die Tatsache, dass dieser Massenmord in der BRD kaum öffentlich anerkannt wird, ist Teil der neuen deutschen Geschichtspolitik: Verharmlosen, entpolitisieren, um wieder marschieren zu können. Wer dieses Kapitel der Geschichte ausblendet, will sich nicht erinnern, sondern vorbereiten – auf den nächsten Schlag gegen den Osten.
Gegen die neue Kriegsfront: Klassenkampf statt Kanonen
Der ehemalige junge Welt-Chefredakteur Arnold Schölzel analysierte messerscharf die aktuelle Lage: Die deutsche Politik hat Angst vor dem Frieden. Präsident Steinmeier sieht in einer möglichen Verständigung zwischen USA und Russland einen „Epochenbruch“. Der neue Außenminister Wadephul (CDU) fordert unverblümt, die Ukraine „mit allen Mitteln“ zu unterstützen – wörtlich gemeint. Der politische Wille zur Eskalation ist klar: Es soll nicht verhandelt, sondern gesiegt werden.
Doch die Welt hat sich verändert. Domenico Losurdo sprach vom Ende des „kolumbianischen Zeitalters“. Der globale Süden erhebt selbstbewusst seine Stimme, über **30 Staats- und Regierungschefs** kamen am 9. Mai zur Siegesparade in Moskau – ein Signal gegen den westlichen Geschichtsrevisionismus und für eine multipolare Weltordnung. Hier zeigt sich, dass das Projekt einer gerechteren Welt noch lebt – aber es braucht politische Kraft, es auch durchzusetzen.
Manfred Sohn (Marx-Engels-Stiftung) betonte: Europa sei inzwischen Randgebiet des eurasischen Kontinents, aber ein gefährliches – mit atomarer Bewaffnung und imperialistischer Agenda. Die Aufgabe der Linken sei klar: Die Arbeiterklasse vom Kriegskurs abbringen! Das heißt: Aufklären, organisieren, streiken – den imperialistischen Motor durch Sabotage des eigenen Apparats blockieren. Kein Soldat darf marschieren, kein Zug darf rollen, keine Fabrik darf liefern.
Antifaschismus in der DDR – nicht verordnet,
sondern gelebte Praxis
Hans Bauer (GRH) erinnerte an die Praxis der DDR, die konsequent mit Faschisten abgerechnet hat: **13.000 Nazi-Täter wurden dort verurteilt**, gegenüber nur 7.000 in der BRD – obwohl letztere viermal so viele Einwohner zählte. Es war ein praktischer Antifaschismus, nicht nur Lippenbekenntnis. Der antifaschistische Schutzwall war nicht Symbol, sondern Struktur.
Heute hingegen laufen in der BRD hunderttausende gegen die AfD auf – aber oft **Seite an Seite mit Politikerinnen und Politikern**, deren Migrationspolitik sich kaum noch von der Rechten unterscheidet. Der Faschismus wird nicht durch moralische Appelle gestoppt, sondern durch **konsequenten Klassenkampf und eine sozialistische Perspektive**. Wer sich ernsthaft gegen Rechts stellen will, muss den Kapitalismus ins Visier nehmen, der ihn hervorbringt.
### Kein Pakt mit der Reaktion – sondern Selbstorganisation der Werktätigen
**Andrea Hornung** (SDAJ) analysierte die Rolle der AfD: Sie kanalisiert berechtigte Wut ins rechte Fahrwasser und steht bereit, wenn das Kapital im Krisenfall einen neuen autoritären Ausweg braucht – genau wie einst die NSDAP. **Koalitionen mit Rechten** sind daher absolut tabu.
**Taylan Çiftçi** (DIDF) forderte stattdessen eine **radikale Arbeiterpolitik**, gemeinsame Kämpfe für Löhne und Rechte, auch und gerade mit migrantischen Beschäftigten. Der Versuch, rechte Parolen zu übernehmen – wie es das BSW (Bündnis Sahra Wagenknecht) versucht – sei **Anpassung und Verrat**. Die Linke müsse **Systemopposition** formulieren – gegen Kapitalismus, Krieg und imperialistische Unterordnung. Entscheidend ist die Verankerung in Betrieben, Stadtteilen, Gewerkschaften. Ohne die organisierte Klasse bleibt jede linke Bewegung eine Randerscheinung.
### Kultur des Widerstands: Musik von Schostakowitsch bis Zerbe
Zum Abschluss spielte das **Hannes Zerbe Jazz Orchester** in der Berlin – mit Motiven aus **Schostakowitschs „Leningrader Sinfonie“**, die mitten in der Belagerung komponiert wurde. Zerbe schuf daraus eine neue Komposition: Jazz, Marsch, Dissonanz, Explosion. Musik als Ausdruck des Widerstands, als Kampfansage gegen die Einkreisung durch die Feinde. In jedem Takt steckte die Erinnerung an das Heldentum der Roten Armee, die Standhaftigkeit der belagerten Bevölkerung und die Hoffnung, dass auch der größte Schrecken einmal endet.
Die Musik war kein Beiwerk – sie war Ausdruck der politischen Botschaft dieser Veranstaltung: Der antifaschistische Kampf kennt viele Formen, und er reicht bis in die Kultur hinein. Wer singt, der schweigt nicht. Wer komponiert, der kapituliert nicht.
### Schlussfolgerung: Aus der Geschichte lernen – für den Frieden kämpfen
Die Veranstaltung zum 8. Mai war ein **kraftvolles Zeichen gegen den Geschichtsrevisionismus**, gegen den deutschen Militarismus und gegen die Kapitulation der Linken vor der Systemlogik. Wer **das Banner des Sieges** wirklich weitertragen will, muss:
* das antifaschistische Erbe der DDR verteidigen,
* den Kriegstreibern in Berlin die Stirn bieten,
* den Schulterschluss der Arbeiterklasse mit dem globalen Süden suchen,
* kulturellen Widerstand leisten,
* und die Machtfrage stellen: **Sozialismus oder Barbarei!**
Denn: Erinnerung ist nicht neutral. Geschichte ist Kampf. Und das Morgen wird nicht gewonnen, wenn wir das Gestern preisgeben.
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### Quellen und weiterführende Informationen
1. Veranstaltung [„Das Banner des Sieges weitertragen“](https://www.jungewelt.de/artikel/473851.gedenken-das-banner-des-sieges-weitertragen.html), *junge Welt*, Berlin, 8. Mai 2025.
2. Vortrag von Ksenia Chepikova, russische Historikerin, zur deutschen Hungerpolitik und dem Genozid an der sowjetischen Bevölkerung. [Beitrag auf jW](https://www.jungewelt.de/artikel/473876.der-vernichtungskrieg-im-osten.html)
3. Beitrag von Arnold Schölzel zur aktuellen deutschen Außenpolitik. (*junge Welt*, 2025).
4. Beiträge von Manfred Sohn, [Marx-Engels-Stiftung](https://marx-engels-stiftung.de).
5. Domenico Losurdo: *Die Kolonialität der Macht*, Argument Verlag, Hamburg.
6. Aussagen von Hans Bauer, *Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA)* / [GRH e. V.](https://www.grh-ev.org).
7. Andrea Hornung (SDAJ) und Taylan Çiftçi (DIDF), siehe Beiträge im Rahmen der Veranstaltung am 8. Mai 2025.
8. Musikbeitrag [Hannes Zerbe Jazz Orchester](https://www.hanneszerbe.de), inspiriert von Schostakowitschs *Leningrader Sinfonie* (7. Sinfonie, 1941).

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