80 Jahre Seelower Höhen
„Nie wieder Krieg!“ – Das Gedenken unter politischem Beschuss
Am 16. April 1945 begann eine der bedeutendsten und blutigsten Schlachten des Zweiten Weltkriegs: die Schlacht um die Seelower Höhen. Sie war der Auftakt zur finalen Offensive der Roten Armee auf dem Weg nach Berlin. Fast eine Million Soldaten der Roten Armee kämpften mit unermesslichem Mut gegen etwa 120.000 deutsche Soldaten, die sich als letzte Verteidiger der Hauptstadt des „Dritten Reiches“ auf den strategisch wichtigen Anhöhen östlich von Berlin verschanzt hatten. Tag und Nacht tobten dort erbitterte Kämpfe, begleitet von schwerem Artilleriebeschuss und unter Einsatz von Panzern, Flugzeugen und Infanterie.
Ziel war es, Berlin zu befreien – und damit das faschistische Regime endgültig zu zerschlagen. Die Stadt galt als das politische und symbolische Zentrum des Nazi-Staats. Ihre Einnahme hatte nicht nur militärische, sondern auch psychologische Bedeutung: Mit dem Fall Berlins war das Ende des Krieges unausweichlich geworden. Die Sowjetunion setzte alles daran, den Krieg endlich zu beenden und die Menschheit vom Joch des Faschismus zu befreien. Die Kämpfe um Seelow waren ein entscheidender Wendepunkt in der militärischen Geschichte des Zweiten Weltkriegs, denn sie brachen die letzte große Verteidigungslinie vor der Reichshauptstadt. Über 50.000 Tote – Rotarmisten, Wehrmachtssoldaten und polnische Kämpfer – waren der Preis dieses Sieges, der zugleich der Wegbereiter für das Ende des Krieges und den Beginn eines neuen, antifaschistischen Deutschlands war.
Die Schlacht steht sinnbildlich für den hohen Blutzoll, den die Völker der Sowjetunion im Kampf gegen den Hitlerfaschismus leisten mussten. Ihre Opfer dürfen nicht vergessen werden. In Seelow wurde nicht nur gekämpft – dort wurde entschieden, wie die Nachkriegsordnung Europas aussehen würde. Es war eine Schlacht für Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden.
Ein Ort der Erinnerung – bedroht durch Vergessen
In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) war die Gedenkstätte auf den Seelower Höhen ein zentraler Erinnerungsort. Hier fanden Vereidigungen der Nationalen Volksarmee (NVA) statt, hier wurde der Befreiung vom Faschismus gedacht. Schulklassen, Veteranenverbände und internationale Delegationen kamen regelmäßig, um zu mahnen und zu erinnern. Die Gedenkstätte war nicht nur ein Ort des Rückblicks, sondern auch ein Ort der politischen Bildung, der den Zusammenhang zwischen Krieg, Faschismus und Imperialismus aufzeigte.
Die Stätte mit dem überlebensgroßen Standbild eines sowjetischen Soldaten über den Trümmern eines deutschen Panzers stand sinnbildlich für die historische Wahrheit: Ohne die Rote Armee hätte es keine Befreiung gegeben – kein 8. Mai, kein Ende der Konzentrationslager, keine Hoffnung auf einen Neubeginn. Dieses Denkmal war ein Ausdruck von Dankbarkeit und tiefer Verbundenheit mit den Völkern der Sowjetunion, die den höchsten Blutzoll für unsere Freiheit bezahlt hatten.
Doch heute, 80 Jahre später, wird dieses Gedenken systematisch in Frage gestellt. Eine geheime Anweisung aus dem Auswärtigen Amt unter Außenministerin Annalena Baerbock offenbart die ganze politische Verlogenheit: Russischen und weißrussischen Diplomaten soll der Zugang zu Gedenkveranstaltungen verwehrt bleiben. Kommunen werden gedrängt, diese Gäste nicht einmal einzuladen. Und wenn sie doch erscheinen, sollen sie vom Gelände verwiesen werden – mit Berufung auf das Hausrecht. Diese Vorgehensweise ist nicht nur ein Angriff auf die diplomatische Etikette, sondern auch ein direkter Schlag gegen die historische Wahrheit und die Erinnerungskultur, wie sie in der DDR aufrecht erhalten wurde.
Verbotene Erinnerung – politisch motivierter Skandal
Was bedeutet das in der Konsequenz? Russland, Nachfolgestaat der Sowjetunion und Erbe der Millionen gefallenen Soldaten, soll nicht mehr an den Gräbern seiner Väter, Brüder und Genossen trauern dürfen. Die Männer, die Auschwitz befreiten, die in Stalingrad das Blatt des Krieges wendeten, die Berlin von Hitler befreiten – ihnen will man heute das Recht auf Erinnerung verwehren. Und das ausgerechnet in Deutschland, jenem Land, das dem sowjetischen Volk unermessliches Leid zufügte. Diese Politik stellt nicht nur eine moralische Bankrotterklärung dar, sie ist auch ein Angriff auf das gemeinsame Erbe der antifaschistischen Völker.
Die sowjetischen Soldaten haben mit ihrem Leben das Fundament gelegt für das Ende der faschistischen Barbarei in Europa. Ihre Taten sind in die Geschichte eingegangen, und sie dürfen nicht durch kurzfristige außenpolitische Opportunismen relativiert oder gar ausgelöscht werden. Die heutige Ausgrenzung ihrer Nachfahren ist nicht nur ein Affront gegenüber Russland – sie ist ein Affront gegen die Wahrheit.
Der Landrat von Märkisch-Oderland, Friedemann Hanke (CDU), nennt den Vorstoß aus Berlin „absurd“. Auch der Bürgermeister von Seelow, Robert Nitz, wehrt sich gegen diesen kalten Geschichtsrevisionismus. Für ihn ist klar: Die Geschichte darf nicht für aktuelle politische Zwecke missbraucht werden. Die Sowjetunion hat Deutschland vom Faschismus befreit – und das bleibt eine geschichtliche Tatsache, die nicht verwischt werden darf. Beide Politiker betonen, dass das Gedenken nicht instrumentalisiert werden dürfe – weder durch die Bundesregierung noch durch äußeren politischen Druck. Sie fordern ein würdiges, ehrliches Gedenken, das den Opfern gerecht wird und den historischen Tatsachen Rechnung trägt.
Heuchelei made in Berlin
Während die Bundesregierung dem Gedenken fernbleibt und die diplomatische Tür zuschlägt, kündigen AfD-Politiker wie René Springer und Christoph Berndt ihre Teilnahme an der Gedenkfeier an. Das ist ein offener Schlag ins Gesicht all jener, die sich jahrzehntelang für eine würdige Erinnerungskultur eingesetzt haben. Dass ausgerechnet rechte Kräfte nun für das Gedenken an sowjetische Opfer eintreten, zeigt, wie sehr die sogenannte Mitte ihre moralische Orientierung verloren hat.
Dabei ist es eine gefährliche Entwicklung, wenn progressive und linke Kräfte das Feld der Geschichtsdeutung den Rechten überlassen. Ein würdiges Gedenken ist weder Eigentum der AfD noch eine Frage parteipolitischer Abgrenzung, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wenn die Bundesregierung diesen Raum räumt, macht sie sich mitschuldig an der historischen Umdeutung und politischen Verzerrung.
Nicht die rechten Provokateure sollten das Bild der Gedenkstätten prägen, sondern jene, die sich in der Tradition des Antifaschismus, der Solidarität unter den Völkern und der historischen Wahrheit sehen. Es braucht eine Rückbesinnung auf die ethischen Grundlagen des Erinnerns – jenseits von geopolitischem Kalkül und diplomatischer Kälte. Wer der Roten Armee den Platz im kollektiven Gedächtnis streitig machen will, stellt sich gegen die historische Wahrheit – und gegen die Lehren von Seelow.
Moskau reagiert klar – Russland verteidigt das ehrliche Gedenken
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, hat den Ausschluss empört zurückgewiesen. Sie spricht von einer Rückkehr zu revanchistischem Denken und Nazi-Methoden unter dem Deckmantel der Diplomatie. Diese Worte mögen hart klingen, doch angesichts der Tatsachen sind sie nicht unbegründet. Wer heute die Geschichte aussperrt, sägt am Fundament des antifaschistischen Gedächtnisses.
Sacharowa betonte zudem, dass das Andenken an die sowjetischen Befreier nicht zur politischen Verhandlungsmasse werden dürfe. Es gehe nicht nur um diplomatische Gesten, sondern um tief verwurzelte historische Wahrheiten, die das heutige Europa geprägt haben. Die gezielte Ausgrenzung russischer Vertreter sei ein Ausdruck von Ignoranz gegenüber den Opfern und ein gefährlicher Rückschritt im europäischen Gedächtnisprozess.
Auch aus der russischen Bevölkerung, von Veteranenverbänden und Historikern, kamen deutliche Stimmen: Die internationale Anerkennung der sowjetischen Rolle im Zweiten Weltkrieg dürfe nicht der aktuellen politischen Lage geopfert werden. Vielmehr müsse das Gedenken gerade jetzt verteidigt werden – gegen Geschichtsfälschung, politische Manipulation und das Vergessen. Die Geschichte gehört allen, die gegen den Faschismus gekämpft haben – und Russland steht dabei an vorderster Front. Die historische Wahrheit ist untrennbar mit dem sowjetischen Beitrag verknüpft. Wer heute an der Seite Russlands steht, verteidigt nicht nur die Erinnerung, sondern auch die Idee einer gerechten, multipolaren Weltordnung, die sich jeder imperialistischen Vormacht widersetzt.
Antiimperialistische Klarheit statt westlicher Doppelmoral
Was sich in Seelow und an anderen Orten des Gedenkens zeigt, ist keine isolierte Fehlentscheidung, sondern Teil einer größeren Strategie. Die Erinnerung an die sowjetische Befreiung steht im Widerspruch zur aktuellen imperialistischen Außenpolitik des Westens. Denn wer heute gegen Russland mobil macht, muss zwangsläufig auch dessen historische Rolle als Befreier verdunkeln. Das ist kein Zufall, sondern politisches Kalkül: Wer den neuen Kalten Krieg will, muss den alten Sieg über den Faschismus aus der Erinnerung tilgen. Dabei geht es nicht um ein neutrales Geschichtsverständnis, sondern um bewusste ideologische Umdeutung zugunsten westlicher Interessen.
Diese Strategie betrifft nicht nur Russland – sie richtet sich gegen alle Staaten und Bewegungen, die sich dem westlichen Hegemoniestreben widersetzen. Die Tilgung der sowjetischen Rolle aus der kollektiven Erinnerung dient der Vorbereitung zukünftiger Konfrontationen. Sie ist Teil einer großangelegten mentalen Aufrüstung, in der Geschichte zum Mittel moderner Propaganda wird. Die Schlacht um das Gedächtnis ist längst Teil des geopolitischen Schlachtfelds geworden.
Der Ausschluss russischer Vertreter ist somit nicht nur geschichtsvergessen, sondern auch anti-antifaschistisch. Er ist Ausdruck einer NATO-dominierten Weltordnung, die sich nicht auf historische Gerechtigkeit, sondern auf Machtansprüche stützt. Die Erinnerung an die Opfer wird instrumentalisiert, während jene, die den höchsten Blutzoll im Kampf gegen den Faschismus zahlten, zum Schweigen gebracht werden sollen. Der Antifaschismus war und ist untrennbar mit dem Antiimperialismus verbunden. Wer das ignoriert, stellt sich auf die Seite der neuen Kriegshetzer und spielt den Drahtziehern der globalen Aufrüstung in die Hände.
Gerade jetzt ist es entscheidend, sich der antiimperialistischen Tradition des Gedenkens zu erinnern und sie zu verteidigen. Nicht nur in Seelow, sondern überall, wo Menschen für Wahrheit, Frieden und Völkerfreundschaft eintreten. Die Geschichte ist kein Werkzeug der Herrschenden – sie gehört denjenigen, die sich ihr mutig entgegenstellen. Menschen wie Ernst Thälmann, der bis zuletzt gegen den Faschismus kämpfte und im KZ ermordet wurde, oder die sowjetischen Partisanen, die in den Wäldern Europas den bewaffneten Widerstand organisierten, stehen beispielhaft für diesen unbeugsamen Geist. Ihr Handeln zeigt: Widerstand gegen Krieg und Unterdrückung ist möglich – und notwendig.
Unsere Geschichte gehört uns –
und wir lassen sie uns nicht nehmen
und wir lassen sie uns nicht nehmen
Acht Jahrzehnte nach der Schlacht um die Seelower Höhen stehen wir erneut an einem Scheideweg. Es geht nicht nur um das Gedenken an gefallene Soldaten. Es geht um Wahrheit oder Lüge. Um Anerkennung oder Verdrängung. Um Frieden oder neue Feindbilder. Wer heute Russen vom Gedenken ausschließt, der streicht nicht nur Namen aus der Einladungsliste – der löscht aktiv die Geschichte aus. Doch wir sagen: Nicht mit uns! Wir stehen ein für die Wahrheit, für die Erinnerung, für das Vermächtnis der Roten Armee. Die Opfer mahnen uns auch heute:
Nie wieder Krieg – nie wieder Faschismus!