Verbot von Kommunismus in Tschechien –
Ein Angriff auf die Demokratie
Antikommunistische Hexenjagd in Prag
Präsident Pavel kriminalisiert kommunistische Überzeugung
Wie die Zeitung Unsere Zeit am 25. Juli 2025 berichtete, wurde die Gesetzesänderung bereits im tschechischen Senat und Abgeordnetenhaus einstimmig verabschiedet und tritt am 1. Januar 2026 in Kraft. Unterstützerinnen und Unterstützer kommunistischer Ideologie können dann mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden – auf derselben Grundlage wie Unterstützer faschistischer Bewegungen. Die KSČM verurteilte die Unterzeichnung des Gesetzes durch Präsident Pavel als gezielten Versuch, „die Partei aus dem politischen Raum zu drängen und Kritiker des aktuellen Regimes einzuschüchtern“.
In Prag unterzeichnete der Präsident der Tschechischen Republik, Petr Pavel, am 17. Juli 2025 eine Novelle des Strafgesetzbuches. Diese stellt künftig die Förderung der kommunistischen Bewegung unter Strafe. Kommunistische Propaganda wird damit rechtlich auf eine Stufe mit faschistischer Hetze gestellt – also mit jener gezielten Hassrede, die zur systematischen Verfolgung, Entrechtung und Ermordung von Millionen Menschen führte. Die historische Schwere dieser Gleichsetzung ist ein Skandal: Während der Faschismus mit Vernichtungslagern, Rassenwahn und Angriffskrieg untrennbar verbunden ist, war der Kommunismus im Kern eine Bewegung gegen Ausbeutung, für Gleichheit und soziale Befreiung. Diese Unterschiede zu leugnen, heißt Geschichte zu verdrehen – zugunsten der Reaktion.
Die neue Gesetzgebung steht in einer langen Linie antikommunistischer Angriffe, etwa wie in Polen, wo die Kommunistische Partei de facto verboten und marxistische Literatur aus Schulbibliotheken verbannt wurde, oder in der Ukraine, wo bereits 2015 alle kommunistischen Organisationen illegalisiert und ihre Symbole verfassungswidrig erklärt wurden, die seit dem Ende des Realsozialismus wieder verstärkt aufkommen. Der Westen hat die Gelegenheit des Systemumbruchs genutzt, um nicht nur ökonomisch zu expandieren, sondern auch ideologisch reinen Tisch zu machen. In vielen ehemals sozialistischen Ländern wurden nach 1990 kommunistische Parteien stigmatisiert, enteignet, kriminalisiert – und ihre historische Rolle als Befreier, Aufbauer und Friedensmacht verleumdet.
Wer eine „Bewegung zur Unterdrückung von Menschenrechten und Freiheiten“ gründet, unterstützt oder propagiert, muss mit bis zu fünf Jahren Gefängnis rechnen – in schweren Fällen sogar mit bis zu zehn Jahren. Diese drastische Verschärfung zielt faktisch auf die Kommunistische Partei Böhmens und Mährens (KSČM) ab, die Nachfolgepartei der früheren Staatspartei. Bereits am 30. Mai 2025 hatte das Abgeordnetenhaus die Änderung nahezu einstimmig verabschiedet. Keine einzige Parlamentspartei stimmte dagegen – ein beispielloser Schulterschluss von Konservativen und Liberalen gegen die linke Opposition.
Pavel, einst selbst Mitglied der Kommunistischen Partei in der ČSSR, folgte damit den Empfehlungen staatlicher Geschichtsverwalter – etwa des Instituts für das Studium totalitärer Regime. Diese beklagten eine „Schieflage“, weil kommunistische Symbole bislang toleriert, faschistische aber strafrechtlich verfolgt würden. Befürworter sprechen von einem Akt „historischer Gerechtigkeit“: Michal Zuna von der konservativen TOP 09 bezeichnete das Gesetz als Wiedergutmachung für die Opfer der kommunistischen Ära. Kommunismus und Faschismus müssten endlich rechtlich gleichgestellt werden, da beide angeblich „durch Unterdrückung“ geprägt gewesen seien. Zur Begründung werden absurde Gleichsetzungen bemüht: „Konzentrationslager und Gulags wurden von beiden Regimes betrieben“, sagte der Abgeordnete Martin Exner. Ein Vertreter des Instituts verstieg sich gar zu der Behauptung, im Kern der marxistischen Lehre stehe „Gewalt“ – eine bodenlose Verleumdung jener Bewegung, die historisch als Gegenpol zu Krieg und Unterdrückung stand.
Die Totalitarismus-Doktrin als Herrschaftsinstrument
Mit dem neuen Gesetz wird in Tschechien die sogenannte Totalitarismus-Doktrin gesetzlich verankert – also die Gleichsetzung von Kommunismus und Faschismus als „zwei extreme Ideologien“. Diese Sichtweise ist nicht nur geschichtsfälschend, sie ist auch gefährlich – das belegen zahlreiche historische Studien, etwa zur Rolle der kommunistischen Bewegung im antifaschistischen Widerstand, zur systematischen Verfolgung der KPD im Dritten Reich oder zur Befreiung Osteuropas durch die Rote Armee. Seriöse Geschichtsforschung unterscheidet klar zwischen Tätern und Befreiern, zwischen ideologischer Hetze und dem Kampf für soziale Gerechtigkeit.
Die ideologische Grundlage dieses Angriffs wurde nicht in Prag, sondern in Brüssel und Washington gelegt – etwa durch die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 19. September 2019, die Kommunismus und Faschismus gleichermaßen als totalitäre Regime verurteilt, oder durch zahlreiche Programme des US-Außenministeriums zur „Demokratieförderung“ in Osteuropa, die gezielt antikommunistische Kräfte unterstützen. Seit Jahren arbeiten Institutionen wie das Europäische Parlament und verschiedene „Aufarbeitungs“-Institute daran, den Kommunismus als „verbrecherisches System“ zu deklarieren und sein Symbol – Hammer und Sichel – mit dem Hakenkreuz gleichzusetzen. Es ist ein geistiger Feldzug gegen alles, was den kapitalistischen Status quo infrage stellt.
Kommunisten waren die ersten Opfer des Hitlerfaschismus. In der Tschechoslowakei gehörten sie zu den führenden Kräften im Widerstand gegen die deutsche Besatzung. Die heutige KSČM erinnert mit Stolz an diese Tradition. Die Gleichsetzung von Kommunismus und Faschismus sei daher, so die Partei, ein „schwerer Affront gegenüber den Opfern des Faschismus und den tausenden kommunistischen Partisanen“.
Diese Gesetzesänderung verhöhnt die Geschichte – insbesondere den Beitrag der Sowjetunion zur Befreiung Europas. Ohne die Rote Armee und ihre 27 Millionen Toten gäbe es den heutigen tschechischen Staat nicht. Während in Prag der Kommunismus kriminalisiert wird, hat Russland 2021 die Gleichsetzung von Sowjetunion und Hitlerfaschismus unter Strafe gestellt. Die Gegensätze im historischen Gedächtnis könnten kaum deutlicher sein.
Reaktionäre Motive und gefährliche Präzedenzfälle
Die Befürworter behaupten, es gehe um Gerechtigkeit. Doch in Wahrheit geht es um ideologische Säuberung. Die Motivation ist durchsichtig: Viele Tschechen sehen die faschistische Vergangenheit als „fremd“, die kommunistische aber als „eigene“. Letztere soll nun mit Gewalt aus dem Bewusstsein getilgt werden. Dabei verkennt man die fundamentalen Unterschiede der Ideologien: Der Faschismus predigte Rassismus, Krieg und Vernichtung; der Kommunismus kämpfte – trotz historischer Fehler – für eine Welt ohne Ausbeutung.
Die Gleichsetzung beider Weltanschauungen war immer ein Werkzeug der Reaktion: „Rot gleich Braun“ – so lautete schon die Parole der Nazis. Heute wird diese Logik wieder bemüht, um jede linke Opposition zu diffamieren. Kritiker sprechen zu Recht von Geschichtsfälschung: „Die Kriminalisierung des Kommunismus ist kein Schutz vor Extremismus – sie ist ein Angriff auf die, die gegen Ungleichheit und Krieg Widerstand leisten“, erklärt die Europäische Linke. Der historische Beitrag der Arbeiterbewegung zur Befreiung vom Faschismus wird nicht nur geleugnet – er soll ganz ausradiert werden.
Wer heute den Kommunismus kriminalisiert, kriminalisiert auch die Forderung nach einem gerechten Gesundheitssystem, bezahlbarem Wohnraum, öffentlicher Daseinsvorsorge und Friedenspolitik. All das sind klassische Positionen der kommunistischen Bewegung – und sie stoßen zunehmend auf Repression, weil sie mit dem zerstörerischen Kurs des Neoliberalismus kollidieren. Der Angriff auf die KSČM ist somit Teil eines breiten Angriffs auf soziale Rechte.
Internationale Solidarität wächst
Die KSČM reagierte mit Empörung. Das Gesetz sei „maßgeschneidert, um uns zum Schweigen zu bringen“, erklärte Parteichefin Kateřina Konečná. Doch man werde sich nicht einschüchtern lassen: „Niemand wird uns verbieten, für Fortschritt und Frieden einzutreten“. Anfang Juni protestierten Hunderte auf dem Wenzelsplatz. Die Partei ruft zur internationalen Solidarität auf. Weltweit haben sich linke Organisationen – von der Kommunistischen Partei Griechenlands bis zur Europäischen Linken – mit den tschechischen Genossen solidarisiert.
In zahlreichen Städten fanden Mahnwachen und Protestaktionen statt. Besonders starke Reaktionen kamen aus Spanien, Kuba, Portugal und Deutschland. So verurteilte die Kommunistische Partei Kubas das Gesetz in einer offiziellen Erklärung als „Versuch, den antifaschistischen Geist Europas auszulöschen“. In Berlin forderten Vertreter der DKP (Deutsche Kommunistische Partei) vor der tschechischen Botschaft die Rücknahme des Gesetzes und erinnerten mit Transparenten an die Rolle tschechischer Kommunisten im Widerstand gegen die deutsche Besatzung. Auch in Lissabon und Madrid gab es Proteste linker Organisationen mit dem Ruf: „Solidarität mit der KSČM – für Meinungsfreiheit und Geschichte ohne Zensur!“ Linke Kräfte im Europaparlament kündigten an, den Vorgang zum Thema zu machen und die demokratischen Institutionen der EU mit ihrer Doppelmoral zu konfrontieren.
Walter Baier, Präsident der Europäischen Linken, sprach von einem „Angriff auf die demokratischen Freiheiten“ und kündigte an, den Fall in internationalen Gremien zu thematisieren. Die rechte Regierung Fiala erhält derweil Unterstützung von Antikommunisten in Osteuropa. Doch auch im Europäischen Parlament regt sich Kritik. Denn schon 2006 war ein ähnlicher Vorstoß gescheitert – damals verhinderten Sozialdemokraten das Vorhaben. Heute sind linke Kräfte im Parlament abwesend, der autoritäre Kurs kann ungestört weitergehen.
Antikommunismus als Staatsdoktrin – und sein Preis
Das Gesetz in Prag ist kein Einzelereignis – es ist Ausdruck eines gefährlichen Trends. Immer mehr Regierungen kriminalisieren linke Opposition, während sie gleichzeitig massive Aufrüstung betreiben und sich mit rechten Kräften verbünden. Die tschechische Regierung versucht mit dieser Repression, soziale Konflikte zu übertünchen. Inflation, Kriegspolitik und Ungleichheit lassen sich nicht mehr mit Worten erklären – also werden kritische Stimmen mundtot gemacht.
Dieses Vorgehen erinnert an die McCarthy-Ära in den USA, als Kommunisten durch Verhöre, Berufsverbote und öffentliche Ächtung aus dem gesellschaftlichen Leben gedrängt wurden, sowie an das KPD-Verbot 1933 in Deutschland, mit dem die faschistische Diktatur ihren letzten ernsthaften Gegner ausschaltete. Beide historischen Vorgänge zeigen: Die Verfolgung kommunistischer Kräfte war stets ein Signal für den autoritären Umbau der Gesellschaft. Wer heute wieder beginnt, die Kommunisten zu verbieten, marschiert auf dem Weg der Reaktion. Denn Antikommunismus war nie ein Bollwerk der Demokratie – er war stets ein Werkzeug der Mächtigen, um Kritik am Kapitalismus zu unterdrücken.
Besonders zynisch: Während in Prag linke Organisationen verfolgt werden, lässt man rechtsradikale Kräfte gewähren. In der Ukraine wurden alle kommunistischen Parteien verboten, in Polen und Litauen sowjetische Denkmäler entfernt. Das alles wird von NATO und EU geduldet – solange es sich gegen Russland richtet. Die Entkommunisierung ist Teil einer umfassenden Geschichtsfälschung im Dienst imperialer Interessen – das zeigt sich nicht nur in Tschechien, sondern auch in Ländern wie der Ukraine, Polen oder Litauen, wo kommunistische Parteien verboten, sowjetische Befreiungsdenkmäler abgerissen und marxistische Symbole systematisch aus dem öffentlichen Raum entfernt wurden.
Für Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Frieden
Die Lage in Tschechien ist ein Weckruf. Wer heute schweigt, wenn Kommunisten verfolgt werden, darf sich morgen nicht wundern, wenn die Demokratie selbst fällt. Die marxistische Friedensbewegung ruft deshalb zum Widerstand auf – gegen Verbote, Repression und Hetze. Denn eine Gesellschaft, die den Kommunismus verbietet, kann nicht mehr von sich behaupten, demokratisch zu sein. Noch ist es nicht zu spät. Die Solidarität wächst. Der Widerstand formiert sich. Es geht nicht nur um die Kommunistische Partei – es geht um die Zukunft von Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden.
Denn wer den Mund hält, wenn heute eine politische Bewegung kriminalisiert wird, macht sich morgen mitschuldig an der Beseitigung der Demokratie selbst. Das Schweigen der Mitte ist gefährlicher als der Lärm der Reaktion. Darum ist jetzt die Zeit, aufzustehen – für Erinnerung, Aufklärung, Widerstand. Für eine Welt ohne Ausbeutung, Krieg und Faschismus.
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