Trump trifft Putin in Alaska – Signal für eine neue Weltordnung?
Alaskas Inszenierung als geopolitisches Signal
Ein Treffen, das auf globaler Bühne inszeniert wurde wie ein diplomatischer Meilenstein, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als leeres Spektakel mit doppeltem Boden. Am 15. August 2025 kamen Donald Trump, erneut US-Präsident, und Wladimir Putin in Anchorage, Alaska, zu einem sogenannten „historischen Gipfel“ zusammen. Die Reaktionen fielen erwartungsgemäß gespalten aus: westliche Leitmedien schwankten zwischen Spekulation, Polemik und Alarmismus, während pro-russische Medien das Treffen als epochalen Wendepunkt und Auftakt zu einer neuen Weltordnung feierten. Doch was wurde tatsächlich erreicht?
Nichts – zumindest nichts Greifbares. Kein Abkommen, keine Vereinbarung, kein Zeitplan, kein Rahmenpapier. Lediglich die übliche Diplomatenrhetorik: man habe „Vertrauen aufgebaut“, man sei sich in vielem einig, in manchem noch nicht – und wolle weiter im Gespräch bleiben. Ist das also der große Durchbruch, von dem niemand sagen kann, worin er eigentlich besteht?
Die Antwort liegt nicht in den Inhalten, sondern in der Form. In der Bühne, die gebaut wurde. In der Erzählung, die konstruiert wird. Alaska war kein Ort für Lösungen – sondern ein symbolischer Raum zur Neusortierung der Weltmachtachsen.
Theater der Macht: Der Ort ist die Botschaft
Die Wahl Alaskas als Ort des Treffens war keine Nebensächlichkeit. Diese entlegene US-Region, einst russisches Territorium, steht sinnbildlich für den geopolitischen Zwischenraum, der derzeit neu verhandelt wird. Hier, am Rande des westlichen Imperiums, treffen sich zwei Männer, die im Innersten mehr verbindet, als viele denken: das Interesse, die bestehende internationale Ordnung zu ihren Gunsten zu verändern – allerdings mit grundverschiedenen Mitteln.
Trump, der zur Macht zurückgekehrte Populist, der das US-Establishment herausfordert und Teile des Tiefen Staates zerschlagen will. Und Putin, der über Jahrzehnte hinweg zum strategischen Gegenspieler des Westens wurde, nachdem Russland unter Jelzin beinahe kolonisiert worden war.
In Alaska zelebrierten sie weniger konkrete Politik als vielmehr ihre gemeinsame Ablehnung der bestehenden westlichen Weltordnung. Die Botschaft war klar: Die unipolare Welt der NATO unter US-Führung steht zur Disposition. Was anfangs nur von China und Russland in Frage gestellt wurde, erhält mit Trumps außenpolitischer Kehrtwende eine neue Dimension.
Die Bühne war geschickt gewählt: ein kühler Ort, fernab der globalen Hauptstädte, fernab von westlicher Medienmeute, aber aufgeladen mit historischem Gewicht – ein ehemaliges russisches Gebiet, verkauft an die USA, heute Symbol für ein Aufeinandertreffen zweier Imperien, die sich neu definieren.
Der mediale Nebel: Ein Erfolg ohne Inhalt
Sowohl die russische als auch die US-amerikanische Seite sprachen im Anschluss von einem „konstruktiven Dialog“. Doch worüber wurde gesprochen? Was wurde beschlossen? Die Pressekonferenz lieferte keine Antworten. Stattdessen war von einer „Annäherung in gewissen Fragen“ und einer „gemeinsamen Sichtweise in globalen Ordnungsfragen“ die Rede. Worin diese Sichtweisen bestehen, blieb ungesagt. Keine Stellungnahme zum Ukraine-Krieg, kein Wort zu den Sanktionen, kein Plan für Abrüstung oder Sicherheitsarchitektur in Europa. Selbst die Frage nach Taiwan, Venezuela, Syrien oder dem Nahen Osten wurde ausgeklammert.
Dieser Mangel an Substanz ist kein Zufall. Der Gipfel diente nicht dazu, bestehende Konflikte zu lösen – sondern um neue Koordinaten zu markieren: „Wir sprechen miteinander – ohne Euch.“
Der Westen, allen voran die Europäische Union und die NATO, wurde bewusst ausgeschlossen. Das ist mehr als ein Affront – es ist eine geopolitische Machtdemonstration. Während deutsche Außenpolitiker noch von einer „regelbasierten Ordnung“ fabulieren, wird diese längst umgeschrieben – nicht in Berlin oder Brüssel, sondern in Ankara, Peking, Teheran und nun auch in Anchorage.
Die geopolitische Verschiebung: Europa am Rand
In Moskau wurde das Treffen als Erfolg verkauft, weil es Russland auf Augenhöhe mit den USA zeigt – zumindest symbolisch. In Washington wiederum konnte Trump seine außenpolitische Flexibilität unter Beweis stellen, ohne auf konkrete Konzessionen festgelegt zu werden. Doch die größte Leerstelle bleibt Europa.
Weder Berlin noch Paris, weder Brüssel noch Warschau waren am Prozess beteiligt – und werden es wohl auch nicht sein. Die EU wird von den beiden Großmächten offen ausgespielt: Als moralischer Besserwisser und Vasall Washingtons ist sie im multipolaren Spiel zunehmend irrelevant.
Der „strategische Autonomie“-Diskurs der EU-Kommission wirkt vor diesem Hintergrund wie ein schlechter Witz. Die „Zeitenwende“, die Kanzler Scholz nach Kriegsbeginn in der Ukraine ausrief, entpuppt sich als Kolonialprogramm der NATO.
Europa ist nicht mehr der Dreh- und Angelpunkt globaler Diplomatie, sondern zum Objekt geworden – eines, das man mit Sanktionen, Propaganda und Militärbasen ruhigstellt. Die neuen Spielregeln werden ohne es geschrieben.
Innenpolitischer Druck und der neue Isolationismus
Man darf nicht vergessen: Sowohl Trump als auch Putin stehen unter innenpolitischem Druck. In den USA tobt ein Kulturkampf mit faschistoiden Zügen, in Russland der Abwehrkampf gegen Sanktionen, westliche Subversion und Stellvertreterkriege.
Für beide ist der außenpolitische Schulterschluss auch ein innenpolitisches Signal. Trump nutzt das Treffen, um sich als „Friedensmacher“ zu inszenieren – in Wahrheit aber betreibt er knallharte geopolitische Interessenpolitik. Seine Parole „America First“ bleibt bestehen, nur wird sie nun nicht mehr mit NATO-Doktrinen, sondern mit bilateralen Deals verfolgt.
Putin wiederum kann in der russischen Öffentlichkeit demonstrieren: Russland ist kein Paria, sondern verhandelt direkt mit der Führungsmacht des Westens – und wird als gleichwertiger Akteur akzeptiert. Nach Jahren der Dämonisierung durch die westlichen Medien ist dies ein innenpolitischer Sieg.
Die großen Auslassungen: Ukraine, NATO, Nahost, Taiwan, BRICS
Der größte Elefant im Raum war der Krieg in der Ukraine. Kein konkretes Wort fiel dazu – obwohl die Fronten weiterhin brennen, täglich Menschen sterben, der Westen Milliarden investiert und Russland den Krieg zu seinen Bedingungen fortsetzt. Auch zur Stationierung neuer US-Raketen in Polen, zu den NATO-Übungen in Schweden oder der Eskalation im Schwarzen Meer: kein Kommentar.
Ebenso kein Wort zu den Massakern in Gaza oder der militärischen Rolle Israels im Nahen Osten. Und auch nicht zur dramatischen Verschärfung der Handelskriege zwischen BRICS-Staaten und dem Dollarimperium.
Was man nicht sagt, sagt manchmal mehr als das Gesagte.
Ein neuer Block? Oder nur geopolitisches Theater?
Manche Beobachter spekulieren bereits über eine strategische Allianz zwischen einem postimperialen Russland und einem neo-nationalistischen Amerika. Doch das ist zu kurz gegriffen. Beide Seiten verfolgen unterschiedliche Interessen: Russland sucht Sicherheit, territoriale Integrität und Einfluss im postsowjetischen Raum. Trump hingegen verfolgt eine globale Deeskalation, die amerikanische Interessen schützt, ohne neue Kriege zu führen – zumindest nicht offen.
Ob daraus eine strategische Partnerschaft entstehen kann, ist fraglich. Eher ist zu erwarten, dass beide Seiten diesen symbolischen Dialog nutzen, um Zeit zu gewinnen und neue Positionen aufzubauen. Die „neue Weltordnung“, von der gesprochen wird, ist noch lange nicht da. Aber der Westen – insbesondere die EU – verliert rapide an Einfluss auf ihre Entstehung.
Die eigentlichen Blockbildungen finden anderswo statt: bei der globalen Entdollarisierung, im Aufbau alternativer Finanzinfrastrukturen, im Zusammenwachsen von Energie- und Militärabkommen außerhalb der NATO-Strukturen. In all dem spielt Europa keine Rolle mehr.
Der Preis des Friedens – und wer ihn bezahlt
Frieden, so zeigen die Inszenierungen von Alaska, ist längst kein Ziel westlicher Außenpolitik mehr – sondern ein Problem. Ein Frieden, der nicht aus den Hauptstädten des Westens diktiert wird, sondern zwischen Moskau und Washington bilateral verhandelt wird, ist aus Sicht der EU-Eliten inakzeptabel. Ihre Ukraine-Strategie, ihr transatlantisches Bündnis, ihr imperialer Gestus stehen auf dem Spiel.
Darum auch die hektischen Reaktionen westlicher Medien: Man spricht von „gefährlicher Nähe“, von „Verrat an der Ukraine“, von „Putins Falle“. Doch es ist nicht Putin, der eine Falle stellt – sondern ein System, das sich selbst gefangen hat: im Glauben an die eigene moralische Überlegenheit, im Dogma des ewigen Wirtschaftskriegs, im Zwang zur Eskalation.
Friedenspolitik aus der NATO heraus ist nicht mehr möglich – sie muss von außen kommen. Und sie braucht den Widerstand der Völker.
Der Widerstand der Friedenskräfte: Eine historische Chance
Gerade in dieser neuen Lage liegt auch eine Chance – für alle Kräfte, die dem Kriegskurs der NATO, der Militarisierung der Gesellschaft und dem moralischen Imperialismus des Westens etwas entgegensetzen wollen.
Der Dialog zwischen Russland und den USA – so bruchstückhaft er auch sein mag – zeigt: Friedenspolitik ist möglich, wenn sie von geopolitischen Realitäten ausgeht und nicht von westlicher Arroganz.
Die Friedenskräfte in Europa – Gewerkschaften, linke Organisationen, antimilitaristische Bündnisse, klassenbewusste Jugendgruppen – müssen diesen Spielraum nutzen. Nicht um sich an Trump zu klammern oder Putin zu verklären, sondern um eine eigenständige Bewegung zu entfalten:
* gegen Waffenlieferungen und Kriegshaushalte,
* gegen Sanktionen und Ressourcenkriege,
* für Verhandlungen auf Augenhöhe, auch mit Russland,
* für eine multipolare Weltordnung, die den Frieden zum Ziel hat – und nicht als                       Nebenprodukt imperialer Machtphantasien,

* für die internationale Solidarität der Unterdrückten gegen die Logik der Blöcke.
Die Zukunft wird nicht in Alaska entschieden – sondern auf der Straße
Alaska war ein Symbol. Kein diplomatischer Durchbruch, aber ein Fanal für den Machtverlust der NATO und den Bedeutungsverlust Europas. In dieser Leerstelle wächst die Verantwortung der Linken, der Friedensbewegung, der Arbeiterklasse.
Die kommenden Jahre werden entscheiden, ob sich die Welt auf eine Ära multipolarer Kooperation oder auf neue Blockkonfrontationen zubewegt. Der Westen wählt den Krieg – die Völker aber wollen den Frieden.
Es liegt an uns, die Stimme der Vernunft zu erheben – laut, organisiert und international.
Ein neuer Internationalismus ist notwendig. Nicht nur als Antwort auf den Imperialismus, sondern als Vision für eine befreite, solidarische, friedliche Welt.
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