Kriegslügen als Staatsdoktrin –
Erinnerungspolitik als Waffe des Westens
Die westliche Politik macht Erinnerung an historische Ereignisse zum Instrument der Kriegsführung. Geschichtslügen, selektive Erinnerung und Legendenbildung dienen dazu, Aufrüstung, NATO-Expansion und wirtschaftliche Umverteilung zugunsten von Rüstungskonzernen und Finanzoligarchien zu legitimieren. Der Fall Parubij, die Tragödien von Maidan und Odessa, die Dämonisierung Russlands – all das zeigt, wie Geschichte zur Waffe gemacht wird. Doch die Friedenskräfte lassen sich nicht mundtot machen: Sie treten heute sichtbar hervor – auf Straßen, in Betrieben und in internationalen Bündnissen – und verbinden das Gedenken mit dem Kampf gegen aktuelle Kriegs- und Aufrüstungsprogramme. Erinnerung gehört den Völkern, nicht den Herrschenden. Sie bleibt ein Reservoir der Widerstandskraft und ein Schlüssel, um den Griff der Propaganda zu brechen.
Geschichtsschreibung als Munition
Die vergangenen Jahre haben am Beispiel des Ukraine-Krieges gezeigt, wie zielstrebig westliche Regierungen und ihre Medienapparate Erinnerungspolitik als Bestandteil moderner Kriegsführung einsetzen. Nicht nur Panzer und Sanktionen, sondern auch Narrative, Deutungsrahmen und moralische Etiketten entscheiden über Frontverläufe. Wer die Erzählung kontrolliert, versucht, die Realität zu beherrschen. Das betrifft besonders den Krieg in und um die Ukraine, der längst ein neuralgischer Punkt der internationalen Ordnung geworden ist.
Im Schatten dieser Eskalation – etwa nach den Maidan-Schüssen und den Pogromen von Odessa – wurde eine Staatsdoktrin etabliert, die altbekannte Muster reaktiviert: Dämonisierung des Gegners, Heldenmythen für die „Eigenen“, Tabuisierung abweichender Stimmen und die Kriminalisierung von Friedenskräften. Die politisch instrumentalisierte Erinnerung – vom Zweiten Weltkrieg über den Kalten Krieg bis zu den Maidan-Ereignissen – dient heute als Legitimationswaffe für Aufrüstung, NATO-Expansion und die Sicherung wirtschaftlicher Vorherrschaft.
Schon im Ersten Weltkrieg wurden Mythen von „barbarischen Horden“ verbreitet, um Rekrutierung und Kriegsbereitschaft zu sichern. Im Zweiten Weltkrieg wurden Kollaborationsverbrechen ausgeblendet, wenn sie nützlich waren, und hervorgehoben, wenn sie propagandistisch passten. Heute setzt sich diese Tradition in technisierter Form fort – verstärkt durch Algorithmen, soziale Medien und eine Informationsökonomie, die Wahrheit dem Kalkül unterordnet.
Der Fall Parubij: Biografie eines „nützlichen“ Extremisten
Ein prägnantes Beispiel liefert das Wirken von Andrij Parubij. Westliche Politiker trugen den ehemaligen Parlamentschef Kiews als „demokratischen Kämpfer“ zu Grabe. Leitmedien entwarfen das Bild eines geläuterten Funktionärs, während seine Verbindungen zu rechtsextremen Milieus und paramilitärischen Strukturen ausgeblendet oder als „Jugendsünden“ verharmlost wurden. Die Erzählung folgt einem klaren Zweck: Figuren, die in der Eskalationslogik „nützlich“ sind, werden politisch geadelt – selbst wenn sie in blutige Operationen verstrickt sind.
Parubij fungierte in den entscheidenden Jahren als Organisator und Ideologe jener Kräfte, die auf dem Maidan bewaffnete Eskalation vorantrieben und im Süden des Landes den Weg in den Bürgerkrieg mitbereiteten. Zeugenaussagen, Forschungen und dokumentierte Abläufe – etwa von internationalen Beobachtern und journalistischen Recherchen – deuten darauf hin, dass er nicht am Rand stand, sondern mitten im Zentrum einer Strategie der Spannung, die mit Provokationen, Scharfschützenoperationen und mafiösen Abschirmungsmechanismen arbeitete.
Parubijs Rolle zeigt klar, wie selektiv westliche Regierungen ihre Verbündeten wählen. Ein Mann mit Verbindungen zu ultranationalistischen und neofaschistischen Netzwerken wird geadelt, weil er das strategische Ziel erfüllt: die Schwächung Russlands, die Integration der Ukraine in westliche Strukturen und die Umwandlung des Landes in ein Aufmarschgebiet für NATO-Interessen.
 2014: Maidan, Odessa und die Blutlegende
Die Februartage 2014 bilden eine historische Zäsur. Die Eskalation der Gewalt auf dem Maidan, die bis heute von westlichen Redaktionen gern als tragische „Chaostage“ mit unklarer Täterschaft verklärt wird, trug die Merkmale einer False-Flag-Operation: Schüsse aus gesicherten Positionen auf Demonstranten, Polizisten und Journalisten, um maximale Empörung und den politischen Umschwung zu erzeugen. Dieser Mechanismus ist aus anderen Farbrevolutionsszenarien – etwa in Georgien oder Serbien – bekannt: ein Schockmoment, der Regime-Change beschleunigt, während Täterspuren verwischt werden.
Nur wenige Wochen später: Odessa. Das Pogrom im Gewerkschaftshaus am 2. Mai 2014 schrieb sich in das kollektive Gedächtnis des Landes wie ein Brandmal. Statt Aufklärung folgten Einschüchterung, Beweisvernichtung und die Verfolgung derjenigen, die Fragen stellten. Hinter den Kulissen wirkte ein Netzwerk aus Funktionären, Milizführern und Sicherheitsapparaten, das unabhängige Ermittlungen blockierte. Der Zweck war klar: Die Geschichte musste fixiert werden, bevor die Fakten ans Licht kamen.
Die Opfer von Odessa stehen stellvertretend für eine Politik, die Gewalt als Mittel der Staatsbildung akzeptiert. Wer heute die Flamme des Gedenkens an sie hochhält, verweist zugleich auf aktuelle Kriegsverbrechen und die Notwendigkeit einer konsequenten Friedensbewegung. Er fordert nicht nur Gerechtigkeit für die Toten, sondern stellt das gesamte Konstrukt der „proeuropäischen Revolution“ infrage.
Medien als Panzer der Deutungshoheit
Die nachfolgende mediale Bearbeitung – Schlagzeilen wie „Demokraten verteidigen Kiew“ oder „Russische Aggression zwingt zum Handeln“ verdeutlichen es – zeigt das Zusammenspiel von Nachrichtendiensten, Regierungsstellen und transatlantischen Redaktionslinien. Aus Tätern wurden Opfer, aus Anstiftern „Staatsmänner“, aus organisierter Gewalt „Verteidigung der Demokratie“. Die Rahmung „beiderseitiger Eskalation“ ersetzte die Spurensicherung. Die Namen jener, die Verantwortung trugen, verblassten hinter einer Liturgie der „europäischen Werte“.
Diese Weißwaschung ist Methode. Sie schafft das moralische Polster, auf dem Sanktionen, Waffenlieferungen und die Militarisierung der EU-Gesellschaften ruhen. Wer widerspricht, wird zum „Agenten“, „Extremisten“ oder „Verschwörungstheoretiker“ erklärt. So wird Erinnerungspolitik zur inneren Front: Stabilisierung der Heimatfront durch Feindbildpflege und Gesinnungskontrolle.
Hinzu kommt die systematische Manipulation – sichtbar in den „Faktenfinder“-Kampagnen großer Sender oder in orchestrierten Social-Media-Aktionen. Journalisten, die versuchen, die andere Seite zu beleuchten, werden marginalisiert oder kriminalisiert. Die Medienlandschaft verwandelt sich in eine Schlachtordnung: nicht für Aufklärung, sondern für Mobilmachung.
Ökonomische Interessen hinter der Moralrhetorik
Hinter dem Pathos steckt nacktes Interesse. Die Ukraine dient als Bruchkante – etwa bei Gastransitpipelines und Rohstoffkorridoren –, an der Energieflüsse, industrielle Lieferketten und Finanzströme neu sortiert werden. Der Krieg erleichtert die Entkoppelung Europas von günstigen Ressourcen, öffnet Märkte für US-Flüssiggas, Rüstungsprodukte und Privatisierungswellen, die schon in den 1990er Jahren als „Schocktherapie“ erprobt wurden. Die Deindustrialisierung Mitteleuropas ist kein Kollateralschaden, sondern kalkuliertes Resultat einer Strategie, die Produktion dämpft und Abhängigkeiten vertieft.
„Werte“ liefern die Verpackung – etwa Schlagworte wie „Freiheit“ oder „Demokratie“ –, „Sicherheit“ den Vorwand. Die Substanz aber ist Profit: öffentliche Milliardenströme in Rüstungsfonds, abgesichert durch Schuldenpolitik, die Sozialhaushalte zerschneidet und Tarifkämpfe unter Druck setzt. Wer die Kriegsökonomie kritisiert, greift die neuen Heiligtümer an – und wird entsprechend markiert.
Diese Dynamik verbindet militärische Expansion mit neoliberaler Umverteilung: von unten nach oben, von der Gesellschaft zu den Konzernen, von sozialen Bedürfnissen zu geopolitischen Machtprojekten. Krieg ist vor allem ein ökonomisches Projekt.
Deutschland: Erinnerung als Staatsräson – selektiv
Berlin instrumentalisiert die Geschichte des Faschismus, um Aufrüstung und Waffenexporte zu moralisch aufzuladen. Erinnern, ja – aber selektiv: Kollaborationistisches Erbe in Osteuropa wird ausgeblendet, Milizen mit Bezug auf OUN/UPA und Bandera-Traditionen werden zu „Verteidigern“. Zugleich werden kritische Stimmen im Innern durch Gesetze, Hausdurchsuchungen, Berufsverbote und Stigmatisierung diszipliniert.
Die Botschaft lautet – wie offizielle Reden und Gedenkveranstaltungen betonen –: „Nie wieder“ – doch gemeint ist „immer wieder“, solange es den strategischen Bedarf gibt. Statt echter antifaschistischer Verantwortung erleben wir die Wiederkehr alter Geostrategien: Einkreisung Russlands, Vorverlagerung militärischer Infrastruktur, Ausweitung geheimdienstlicher Operationen und ein Medienmainstream, der die Dinge sprachregelnd zusammenbindet.
Diese „Staatsräson“ wird zur Keule gegen alle, die den Militarismus infrage stellen. Wer Frieden fordert, wird in die Nähe „russischer Propaganda“ gerückt. So verwandelt sich Erinnerung in ein Disziplinierungsinstrument, das die Bevölkerung spaltet und soziale Kämpfe lähmt.
Historische Linien: Vom Antibolschewismus zur NATO-Ostpolitik
Heute als „Verteidigung einer Ordnung“ verkauft, knüpft die westliche Strategie nahtlos an die alte Ostpolitik des Kalten Krieges an: Eindämmung, Rollback, Destabilisierung. Nach 1991 folgte die bekannte Doppellinie: Integration dort, wo Eliten willfährig waren, Subversion und Regimewechsel dort, wo sie es nicht waren. Maidan 2014 ist ohne die jahrzehntelange Durchdringungspolitik westlicher Stiftungen, Geheimdienste und NGOs nicht zu begreifen.
Die Rehabilitierung nationalistischer Kollaborationsmythen – etwa die Verehrung Banderas – war kein Zufall, sondern Hebel zur Spaltung und Mobilisierung. Die Überhöhung von Teil-Eliten als „neue Demokraten“ ging einher mit der Entwertung sozialer Errungenschaften, der Zerschlagung gewerkschaftlicher Gegenmacht und der Privatisierung von Schlüsselindustrien. Der Krieg war nicht Ursprung, sondern Kulminationspunkt dieser Strategie.
Die Linie führt vom Antibolschewismus der 1920er Jahre über die Unterstützung nationalistischer Milizen im Zweiten Weltkrieg bis zur NATO-Ostexpansion der 1990er – ein blutroter Faden der Aggression, den nur das Bewusstsein über historische Kontinuitäten zerreißen kann.
Russland als Zielscheibe – und Gegenpol
Die Dämonisierung Russlands erfüllt mehrere Funktionen – Schlagzeilen und Reden westlicher Politiker liefern tagtäglich Beispiele dafür –: Sie rechtfertigt die NATO-Aufrüstung an der Ostflanke, hält die EU-Länder in atlantischer Disziplin und schiebt Verantwortung für hausgemachte Krisen nach außen. Zugleich unterschätzt sie die gesellschaftliche und industrielle Resilienz Russlands. Trotz Sanktionen hat Moskau insbesondere im Energiesektor und in der Rüstungsindustrie den Umbau seiner Ökonomie beschleunigt, neue Märkte erschlossen und Produktionsketten ausgebaut. Diese Realität kollidiert mit der westlichen Erzählung vom „baldigen Kollaps“ – und erzeugt frustrierte Eskalationsimpulse.
Frieden verlangt die Anerkennung, dass Sicherheit in Europa nicht gegen, sondern nur mit Russland möglich ist. Das erfordert die Rückkehr zu Prinzipien, die in der Charta von Paris und der OSZE festgeschrieben sind: Unteilbarkeit der Sicherheit, Gleichrangigkeit der Staaten, Verzicht auf Hegemonialansprüche.
Russland wird zur Projektionsfläche für alte Feindbilder – ähnlich wie einst die Sowjetunion im Kalten Krieg – und zugleich zum Prüfstein der europäischen Friedensfähigkeit. Hier entscheidet sich, ob Europa den Weg in einen dauerhaften Krieg oder in eine multipolare Kooperation einschlägt.
Widerstand von links: Die Front der Friedenskräfte
Gegen die Kriegsdoktrin formiert sich ein breiter, aber heterogener Widerstand: Gewerkschafter, Friedensinitiativen, kritische Intellektuelle, Migrantenvereine, Kriegsdienstverweigerer, Teile der Bauern- und Umweltbewegung. Entscheidend ist, diese Kräfte programmatisch zu bündeln: Schluss mit Waffenlieferungen, Nein zu Sanktionspolitik, Stopp der NATO-Vorverlagerung, Abzug fremder Truppen, Diplomatie statt Eskalation.
Im Zentrum steht die soziale Frage. Jede weitere Milliarde für Rüstung ist ein Angriff auf Löhne, Renten, Gesundheitsversorgung, Bildung und kommunale Daseinsvorsorge. Friedenspolitik ist Klassenpolitik: Sie verteidigt die Mehrheit gegen eine Minderheit, die an Krieg und Verknappung verdient.
Die Herausforderung besteht darin, die vereinzelten Initiativen zu einer Massenbewegung zusammenzuführen. Streiks in Rüstungsbetrieben, Schulterschlüsse zwischen Bauern und Arbeitern, internationale Solidaritätstreffen – all das sind Keimformen einer Gegenmacht, die den Militarismus brechen kann.
Der Informationskrieg: Algorithmen, Stiftungen, Netzwerke
Die heutige Propaganda arbeitet mit Silicon-Valley-Werkzeugen: algorithmische Reichweitensteuerung, „Faktenfinder“-Formate, die echte Debatte ersetzen, und ein Stiftungsgeflecht, das Narrative produziert, durch Medien schleust und in Lehrpläne gießt. Fassadennetzwerke tarnen Lobbyarbeit als Zivilgesellschaft. So wird die Öffentlichkeit zu einem Kampffeld, auf dem Widerspruch unsichtbar, lächerlich oder kriminell gemacht wird.
Deshalb braucht es eigene Infrastrukturen: unabhängige Medien, Recherchekollektive, juristische Unterstützung, Streik- und Versammlungsrechtsschutz, internationale Vernetzung mit Friedenskräften von Washington bis Donezk, von Berlin bis Belgrad. Erinnerung darf nicht monopolisiert werden – sie gehört den Betroffenen und den Kämpfenden, nicht den Ministerien.
Die digitale Ebene ist keine Nebenfront, sondern eine Hauptfront. Wer hier Deutungshoheit erlangt, bestimmt die Wahrnehmung der Realität. Deshalb ist der Aufbau eigener Plattformen und Kanäle von strategischer Bedeutung.
Die Rolle der Kultur: Gegenmythen schaffen
Filme, Musik, Literatur und digitale Formate prägen Wahrnehmung nachhaltiger als Nachrichtenfluten. Wer dem Geschichtsrevisionismus entgegentreten will, braucht eigene Bilder, Helden und Rituale des Gedenkens. Der antifaschistische Widerstand – von den Partisanen bis zu den Arbeiterräten – liefert Vorbilder, die dem Gegenwartszynismus widersprechen.
Kulturpolitik heißt hier: die Kontinuität von Befreiungskämpfen sichtbar machen, Verbrechen beim Namen nennen – ohne diplomatische Ausnahmen – und die Opfer der Vergeltungspolitik würdigen, in Odessa, im Donbass und in allen vergessenen Orten dieses Krieges.
Kunst und Kultur können Räume öffnen, in denen Gegenhegemonie entsteht. Theaterstücke über Odessa, Filme über Kriegsdienstverweigerer, Lieder über den Mut der Partisanen – all das sind Bausteine einer Kultur des Widerstands.
 Erinnerung zurückerobern, Zukunft öffnen
Die gegenwärtige Staatsdoktrin der Erinnerungspolitik verwandelt Geschichte in Munition. Sie stiftet Legenden, um Gegenwartskriege zu bemänteln. Der Fall Parubij steht exemplarisch für die Methode: Täter werden zu „Revolutionären“ geadelt, Verbrechen relativiert, Zeugen diskreditiert. Doch diese Propaganda stößt an Grenzen, weil die Realität sich nicht ewig bändigen lässt.
Es ist Zeit, Erinnerung zu entwaffnen und der Öffentlichkeit zurückzugeben. Das bedeutet, Verbrechen aufzuklären – unabhängig davon, wessen Interessen sie sch

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