Wehrpflicht für alle – Die Militarisierung der Gesellschaft
Der Umbau zur Kriegsordnung
Deutschland erlebt eine Wende: Nicht Diplomatie, nicht Abrüstung, sondern Kriegstüchtigkeit wird zur Staatsdoktrin erhoben. Hinter bürokratischen Formeln wie „Sicherstellung von Arbeitsleistungen“ verbirgt sich ein gewaltiger Angriff auf Grundrechte. Millionen sollen künftig in die Kriegsmaschine eingespannt werden – im Betrieb, im Krankenhaus, im Hafen oder am Schreibtisch. Das neue Gesetz zur Zwangsverpflichtung in allen „kriegswichtigen Bereichen“ bedeutet: Der Staat beansprucht die Arbeitskraft der Bevölkerung im Ernstfall vollständig.
Doch dieser Umbau ist mehr als ein Gesetz. Er ist Teil einer Entwicklung, die historische Brüche markiert und zugleich gefährlich vertraute Kontinuitäten offenbart: Notstandsgesetze, Wehrpflicht, Kriegswirtschaft. Und er zeigt: Hinter der Ideologie der „Verteidigungsbereitschaft“ stehen knallharte wirtschaftliche Interessen. Dieser Artikel beleuchtet, was auf uns zukommt, und welche Kräfte sich dem entgegenstellen.
Der Anspruch, die Gesellschaft „kriegstüchtig“ zu machen, bedeutet im Kern, dass nicht mehr nur Soldaten an der Front gebraucht werden, sondern alle zivilen Strukturen einem militärischen Zweck unterworfen werden. So verschwimmt die Grenze zwischen Militär und Zivil, zwischen Arbeit und Krieg. Das ist die eigentliche Dimension: eine Militarisierung der gesamten Gesellschaft.
Zwangspflicht für Millionen
Die Erweiterung des Arbeitssicherstellungsgesetzes macht es möglich: Im Spannungs- oder Verteidigungsfall kann die Bundesagentur für Arbeit Beschäftigte zwangsweise in „kritische Bereiche“ einteilen. Betroffen sind Energieerzeugung, Logistik, Lebensmittel, Telekommunikation, Krankenhäuser, Verwaltung, Banken und Müllentsorgung. Männer zwischen 18 und 60 Jahren sind erfasst, auch Kriegsdienstverweigerer. Frauen bleiben vom Waffendienst ausgeschlossen, können aber in Lazaretten oder Versorgungseinrichtungen zwangsverpflichtet werden. Damit wird die freie Berufswahl faktisch ausgehebelt. Ausnahmen gelten nur für wenige – Abgeordnete und hohe Funktionsträger bleiben verschont.
Ein Klassencharakter springt ins Auge: Die arbeitende Bevölkerung soll schuften, während die politische Elite von der Pflicht ausgenommen ist. Wer entscheidet, muss nicht selbst ran – eine altbekannte Spaltung. Besonders drastisch ist, dass selbst Kriegsdienstverweigerer erfasst sind: Ihr Recht auf eine Entscheidung aus Gewissensgründen wird einfach beiseitegeschoben. Die Botschaft lautet: Wenn es um Krieg geht, zählt kein persönliches Nein.
Darüber hinaus kann die Arbeitsagentur Wechsel in zivile Branchen untersagen. Wer in einem „kriegswichtigen“ Betrieb arbeitet, darf nicht kündigen, selbst wenn er seine Arbeitskraft lieber anders einsetzen will. Es drohen Strafen bis hin zu Haft. Damit wird eine Infrastruktur geschaffen, in der der Staat auf das Leben seiner Bürger zugreift, als wären sie Material und nicht Menschen.
Wiederkehr der Musterung
Parallel wird die Wehrpflicht durch die Hintertür vorbereitet. Junge Jahrgänge sollen wieder systematisch erfasst, untersucht und einsortiert werden. Offiziell heißt es „freiwillig“. Doch mit Ermächtigungsregelungen, die Zwang jederzeit möglich machen, wird klar: Sobald es politisch opportun erscheint, kann die „Freiwilligkeit“ gekippt werden.
Ziel ist ein massiver Personalaufbau: Hunderttausende für die Bundeswehr, ergänzt durch eine „Heimatfront“ im Zivilen. Ein Reservoir an Menschen, auf das Militär und Staat nach Belieben zugreifen können. Schon die geplanten Fragebögen, in denen Gesundheitsdaten, Bildungsstand und politische Einstellungen abgefragt werden, zeigen die Richtung: eine umfassende Erfassung und Sortierung der Jugend.
Mit dieser Logik wird eine ganze Generation in ständiger Erwartung gehalten: Jederzeit abrufbar, jederzeit dienstverpflichtbar. Die junge Generation soll nicht mehr planen, was sie aus ihrem Leben machen will, sondern sich bereithalten, wenn die Regierung ruft.
Historische Wurzeln: Notstandsgesetze und Kriegswirtschaft
Schon 1968 wurden mit den Notstandsgesetzen die Grundlagen gelegt, um Grundrechte im Ernstfall einzuschränken. Damals wie heute war die Linke auf der Straße, warnte vor autoritären Versuchungen. Jahrzehntelang lagen diese Gesetze wie ein scharfes Messer in der Schublade – jetzt werden sie hervorgeholt und digital modernisiert.
Gleichzeitig erlebt ein alter Begriff seine Renaissance: Kriegswirtschaft. Produktion, Energie und Transport sollen militärisch organisiert werden. Schon jetzt schießen Munitionswerke aus dem Boden, Lieferketten werden nach Kriegsplänen umgebaut. Ausnahmeregeln werden zur Normalität, zivile Bedürfnisse treten zurück. Die Kriegslogik frisst sich in die Gesellschaft hinein.
Die Geschichte zeigt, wohin das führt. Schon im Zweiten Weltkrieg wurden Zivilisten massenhaft in Rüstungsbetriebe gesteckt, Frauen und Kinder mussten für die Kriegsproduktion schuften, während Bomben fielen. Heute wird dies unter modernen Schlagworten wie „Resilienz“ und „Verteidigungsfähigkeit“ wiederbelebt. Wer das als reinen Selbstschutz verkauft, verschleiert die Wahrheit: Es geht um Angriffsfähigkeit im Rahmen der NATO-Strategien.
Wirtschaftliche Interessen: Profite in der Rüstung
Aufrüstung ist kein Selbstzweck – sie ist Geschäft. Konzerne wie Rheinmetall, Airbus oder große Energie- und Logistikunternehmen profitieren. Sie erhalten Subventionen, Garantien, sichere Aufträge. Für sie bedeutet Krieg boomende Bilanzen. Für die Bevölkerung bedeutet es Kürzungen im Sozialen: weniger Geld für Pflege, Schulen, Wohnungsbau, dafür Milliarden für Panzer und Raketen.
Wer die Gesellschaft auf Krieg trimmt, lenkt Milliarden nach oben und lässt unten leere Kassen zurück. Kriegswirtschaft heißt: Gewinne für wenige, Lasten für alle. Die Verbindung von Staat und Konzernen wird enger: Während Beschäftigte zur Zwangsarbeit verpflichtet werden können, sichern sich die Unternehmen Aufträge und Profite. Ein doppelter Schlag ins Gesicht der Bevölkerung.
Auch international ist der Trend klar: Rüstungsausgaben steigen weltweit auf Rekordhöhen. Die NATO-Staaten geben ein Vielfaches von Russland aus – doch anstatt diese Überlegenheit für Diplomatie zu nutzen, werden immer neue Waffenprogramme gestartet. Profite treiben die Logik, nicht Sicherheit. Das ist der Kern des militärisch-industriellen Komplexes: Kriege und Aufrüstung erzeugen Renditen.
Ideologische Begleitmusik: Sicherheit als Drohung
Die politische Rhetorik verändert sich. Friedenspolitik wird als „naiv“ abgestempelt, Diplomatie als „Schwäche“ verhöhnt. Statt „Nie wieder Krieg“ dominiert „Abschreckung“. Kritiker werden diffamiert, Proteste als „unterwandert“ abgestempelt. Die Medienlandschaft übernimmt vielfach diese Logik und zeichnet ein Bild ständiger Bedrohung.
Doch echte Sicherheit ist mehr als Panzer. Sie liegt in stabilen Löhnen, bezahlbarem Wohnen, starken Krankenhäusern, klimafester Infrastruktur. Wer Krieg als Dauerzustand predigt, zerstört die Grundlagen, die Menschen wirklich schützen.
Hinzu kommt eine neue „Sicherheitsideologie“, die jeden Protest gegen Regierungspolitik als potenzielle Gefahr einstuft. Bauernproteste werden als „russisch gesteuert“ denunziert, Friedensdemonstrationen als „Propaganda“. Damit soll Kritik erstickt und Militarisierung als alternativlos dargestellt werden. Eine Demokratie aber lebt von Opposition, von kritischer Öffentlichkeit. Wer das unterdrückt, zerstört den Kern demokratischer Kultur.
Internationale Perspektive: Blockkonfrontation statt Verständigung
Die NATO-Strategie setzt auf Konfrontation mit Russland. Aufrüstung, Manöver, Stationierungen – alles im Namen der „Abschreckung“. Verhandlungen gelten als Verrat. Dabei zeigen Initiativen aus dem globalen Süden, dass diplomatische Wege möglich sind. Sie werden jedoch ignoriert, weil sie den Interessen des Westens widersprechen.
Gleichzeitig herrscht Doppelmoral: Kriege und Interventionen des Westens werden mit schönen Worten bemäntelt, während Russland oder andere Länder pauschal dämonisiert werden. Friedenspolitik bedeutet, beide Seiten kritisch zu sehen und dennoch den Weg zum Waffenstillstand zu suchen.
Wer auf eine europäische Friedensordnung gesetzt hätte, hätte längst Neutralitätsangebote oder gegenseitige Sicherheitsgarantien in die Debatte eingebracht. Doch stattdessen setzt die Bundesregierung auf Waffenlieferungen, Sanktionsregime und Zwangsdienste. Damit treibt sie die Eskalation voran und nimmt bewusst in Kauf, dass die Gesellschaft im Inneren militarisiert wird.
Widerstand wächst
Trotz des Drucks regt sich Widerstand. Friedensbewegung, Gewerkschaften, Studierende, Pflegekräfte, Hafenarbeiter, Kommunen – sie alle beginnen, Strukturen gegen Militarisierung aufzubauen. Ostermärsche, Antikriegstage, Proteste gegen Manöver und Rekrutierung zeigen: Es gibt ein Nein zur Kriegspolitik.
Auch Verweigerung spielt eine Rolle: Immer mehr Menschen verweigern den Kriegsdienst, berufen sich auf ihr Gewissen. Solidaritätsnetzwerke entstehen, um Verweigerer zu schützen und rechtlich zu unterstützen. Die Botschaft: Niemand darf gezwungen werden, an einem Krieg mitzuwirken.
Widerstand zeigt sich nicht nur auf der Straße, sondern auch im Alltag: Betriebsversammlungen, in denen Kolleginnen und Kollegen beschließen, nicht für Rüstung zu arbeiten; Studierende, die Kampagnen gegen Bundeswehrwerbung an Schulen und Unis starten; Kommunen, die ihre Häfen nicht für NATO-Manöver freigeben wollen. Überall keimt die Idee, dass Krieg kein Naturgesetz ist und Frieden machbar bleibt.
Widerstand gegen den Kriegskurs
Deutschland steht am Scheideweg. Entweder es marschiert in eine militarisierte Zukunft mit Zwangsdienst und Kriegswirtschaft. Oder es setzt auf Zusammenarbeit, soziale Gerechtigkeit und Frieden.
Die Geschichte mahnt: „Nie wieder Krieg“ war das Versprechen der Nachkriegszeit. Heute gilt: Nie wieder ist jetzt. Widerstand organisieren, Alternativen aufbauen, Friedenskräfte stärken – das ist die Aufgabe der Stunde.
Jede Generation muss aufs Neue entscheiden, ob sie die Last des Krieges trägt oder den Mut zum Frieden aufbringt. Heute ist dieser Moment gekommen. Die Weichen sind gestellt – und es liegt an uns, sie umzustellen.

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