Antikriegstag: Der DGB als Sprachrohr der Rüstungsindustrie
DGB-Erklärung im Widerspruch zur Realität
Während in Berlin die Bundesregierung neue Milliarden für Waffen freigibt und Rheinmetall Rekordgewinne meldet, jährt sich am 1. September der Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen. Dieses Datum mahnt: Faschismus und Krieg gehören zusammen, Krieg entspringt dem Kapitalismus, und die Arbeiterklasse bezahlt den Preis – mit Blut an der Front und mit Verarmung im Hinterland. Deshalb ist der Antikriegstag kein Gedenkritual, sondern ein Kampftag, ein Tag des Widerstands gegen Kriegstreiberei, Aufrüstung und Ausbeutung. Er sollte die Arbeiterklasse mobilisieren, ihre Interessen gegen den Kriegskurs der Herrschenden zu verteidigen.
Doch was macht der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB)? In seiner Erklärung heißt es wörtlich: „Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sehen deshalb durchaus die Notwendigkeit, in Deutschland und Europa die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit zu stärken.“ Er legt Kränze nieder, spricht von „Frieden“ – und trommelt zugleich für Aufrüstung, NATO-Kriegskurs und „regelbasierte Ordnung“. Statt zum Widerstand gegen Sozialabbau, Militarismus und Krieg aufzurufen, dient er sich Staat und Konzernen an. Sein diesjähriges Papier liest sich wie die Pressemitteilung von Rheinmetall oder ein Briefing aus dem Verteidigungsministerium.
Diese Doppelmoral ist nicht zufällig, sondern Teil einer Kontinuität. Schon seit Jahrzehnten bewegen sich die offiziellen Gewerkschaften auf dem Kurs des Staates und der NATO. Aus dieser widersprüchlichen Haltung ergibt sich klar: Der DGB steht in einer langen Linie – vom Verrat der SPD 1914 über die Westintegration im Kalten Krieg bis zu den heutigen Kriegspropagandisten im Kanzleramt. Doch für die Arbeiterklasse stellt sich die Frage: Wollen wir erneut als Kanonenfutter geopfert werden – oder organisieren wir Widerstand, knüpfen wir an internationale Kämpfe an und entwickeln wir neue Formen des Klassenkampfes?
Vom Kampfinstrument zur Staatsstütze
Bevor wir die heutige Rolle des DGB betrachten, lohnt ein Blick zurück: Gewerkschaften sind aus bitterer Not geboren. Nur in der Organisation konnten – wie etwa bei den großen Streiks der Rüstungsarbeiter in den 1920er Jahren oder den Hafenarbeiteraktionen gegen Waffentransporte – Arbeiterinnen und Arbeiter Löhne steigern, Arbeitszeiten senken, Rechte erkämpfen. Sie waren das Werkzeug, um dem Kapital Grenzen zu setzen. Ebenso waren sie ein Mittel, um Kriege zu behindern: durch Streiks in der Rüstungsindustrie, durch Boykott von Waffentransporten und durch Solidarität mit unterdrückten Völkern. In vielen Ländern erfüllen Gewerkschaften diese Aufgabe bis heute – und sie zeigen damit, welche Kraft in der organisierten Arbeiterschaft steckt.
Im Kontrast dazu muss man feststellen: Heute hat sich der DGB entwaffnet. In seiner Erklärung zum Antikriegstag 2025 spricht er zwar von „Diplomatie“ und „Menschenrechten“. Doch entscheidend ist, was folgt: das Bekenntnis zur „regelbasierten Ordnung“, die Schuldzuweisung an Russland und China und schließlich die zentrale Forderung, Deutschland müsse seine „gemeinsame Verteidigungsfähigkeit stärken“.
Das ist die Sprache des Imperialismus – ganz wie in NATO-Dokumenten, die offen von der Notwendigkeit sprechen, die „Verteidigungsfähigkeit gegen Russland und China“ zu erhöhen. Kein Wort zu Sozialkahlschlag, kein Wort zu Armut, kein Wort zur Verantwortung der deutschen Konzerne für Krieg und Elend. Stattdessen: Loyalität zur NATO, Unterordnung unter den Kurs der westlichen Blockmächte. So macht sich der DGB zum verlängerten Arm der Kriegspolitik.
Kanonen statt Butter – Sozialstaat im Sturzflug
Sozialabbau für Rüstungsgelder
Der Zusammenhang zwischen Hochrüstung und Sozialabbau zeigt sich exemplarisch unter Kanzler Friedrich Merz (BlackRock). Mit der Abrissbirne werden Bürgergeld, Rente, Krankenversicherung und Jugendhilfe beschnitten. Merz spricht offen: „Der Sozialstaat ist nicht mehr finanzierbar.“ Gemeint ist: nicht mehr finanzierbar, wenn fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Kanonen, Drohnen und Panzer fließen sollen.
Das Ergebnis: Krankenhäuser schließen, Kinder hungern, Alte verarmen – während Rheinmetall Milliardenprofite einfährt. „Kanonen statt Butter“ – damals wie heute Realität. So flossen 2024 fast 90 Milliarden Euro in den Militärhaushalt, während für Gesundheit und Bildung weit weniger zur Verfügung stand. Was einst eine Losung der Faschisten war, ist heute bittere Wirklichkeit der Ampel-Schwarz-Koalition unter Merz. Die Arbeiterklasse bezahlt doppelt: mit ihren Steuern und mit dem Verlust von Sozialleistungen.
Anstatt klare Kante zu zeigen, beschränkt sich der DGB darauf, den frommen Wunsch zu äußern, man möge doch bitte nicht bei „Sozialem und Infrastruktur“ kürzen. Doch wenn Milliarden in den Rüstungsetat gepumpt werden, wo sonst sollen sie herkommen? Diese Pseudo-Kritik ist nichts als ein Feigenblatt. Damit verschleiert der DGB seine eigene Rolle als politischer Dämpfer im Auftrag des Kapitals. Die Arbeiterbewegung im Westen wurde systematisch entwaffnet, ihre Gewerkschaften zu Verwaltungsapparaten der Herrschenden degradiert.
Internationale Solidarität statt deutscher Passivität
Im scharfen Gegensatz zur Passivität des DGB zeigt sich: Dass es auch anders geht, demonstrieren die Kolleginnen und Kollegen in Südeuropa und Nordafrika. Hafenarbeiter in Griechenland, Italien, Frankreich, Belgien und Marokko verweigerten die Beladung von Schiffen mit Waffen für Israel oder die Ukraine. Sie blockierten Transporte, verzögerten Nachschub und schwächten die Kriegsmaschinerie. In manchen Häfen, etwa in Genua 2024 oder in Marseille im Frühjahr desselben Jahres, entstanden daraus Solidaritätsnetzwerke, die den Druck auf die Regierungen erheblich erhöhten.
Das ist praktischer Antikriegstag: Widerstand im Betrieb, internationale Solidarität, Kampf gegen den Krieg da, wo er konkret gemacht wird. Hier zeigen sich Ansätze einer erneuerten Arbeiterbewegung, die ihre Macht nicht nur für Löhne, sondern auch für Frieden einsetzt.
Und in Deutschland? Statt solcher kämpferischen Taten herrscht Schweigen – keine Blockaden, keine Boykotte, nur die Passivität des DGB im krassen Gegensatz zu den mutigen Aktionen im Süden. Damit steht der DGB nicht an der Seite seiner Mitglieder, sondern auf der Tribüne der Herrschenden.
Tradition des Verrats – Von 1914 bis heute
Um die heutige Rolle des DGB zu verstehen, muss man zurückblicken: Wer sich wundert, sollte in die Geschichte schauen. 1914 stimmte die SPD den Kriegskrediten zu. Damit verriet sie die internationale Arbeiterklasse und machte den Weltkrieg möglich. Millionen Arbeiter erschossen sich gegenseitig, während die Kapitalisten Profite machten. Der „Burgfrieden“ war die Unterwerfung der Arbeiterklasse unter die Interessen des Kapitals und wurde so zu einem entscheidenden Wendepunkt, der die Arbeiterbewegung spaltete und ihre Kampfkraft lähmte; er war die Grundlage dafür, dass Millionen Menschen sinnlos geopfert wurden.
1918, als Revolutionäre die Monarchie stürzten, ließ die SPD-Führung mit Freikorps Arbeiter ermorden – Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht eingeschlossen. Blut schrieb sich in die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung ein.
In der Weimarer Republik stabilisierte die SPD durch ihre Zustimmung zu Notverordnungen und Ausnahmegesetzen das Kapital, und in der BRD trug sie Aufrüstung und NATO-Kriegskurse mit. Hartz IV, Rentenkürzungen, Privatisierungen – alles SPD-Politik. Die Partei der Arbeiterbewegung wurde zum Werkzeug des Kapitals.
Vom „Burgfrieden“ 1914 bis zum NATO-Burgfrieden 2025 spannt sich eine Linie, die die fortgesetzte Unterordnung der Gewerkschaften unter die Interessen des Kapitals deutlich macht. Die Arbeiterbewegung im Westen wurde systematisch entwaffnet, ihre Gewerkschaften zu Verwaltungsapparaten degradiert.
Die andere Tradition: DDR und FDGB
FDGB: Gewerkschaft für soziale Sicherheit und Frieden
Der FDGB, die Gewerkschaft der DDR, organisierte Millionen Arbeiterinnen und Arbeiter. Er kämpfte für soziale Sicherheit, für billige Mieten, für kostenlose Bildung und eine funktionierende Gesundheitsversorgung. Und er stand für Frieden. Der FDGB war keine Lobbyorganisation, sondern Teil einer Gesellschaft, die sich an den Bedürfnissen der Werktätigen orientierte und deren Interessen im Mittelpunkt standen.
Friedenspolitik der DDR
Die DDR war das einzige Deutschland, das durch konkrete Abrüstungsinitiativen wie die einseitige Reduzierung der Streitkräfte 1989 und ständige Vorschläge für kernwaffenfreie Zonen in Mitteleuropa unter Beweis stellte, dass sie nie an einem Krieg teilnahm. Sie unterstützte die Völker des Südens im Befreiungskampf, kämpfte für Abrüstung und kollektive Sicherheit. Ihre Friedenspolitik war konsequent: gegen Hochrüstung, für Entspannung und Solidarität. Die DDR verankerte das Recht auf Arbeit, Wohnung und Bildung, sie garantierte kostenlose Gesundheitsversorgung und schuf damit eine soziale Basis, die Kriegspolitik unmöglich machte.
Alternative zum westlichen Kurs
Während in der BRD Atomraketen stationiert wurden, stand die DDR für den Geist von Helsinki, für Entspannung und Frieden. Dieses Erbe gilt es heute neu zu entdecken. Es zeigt deutlich: Es gab und gibt eine Alternative zur NATO-Politik – eine Politik des Friedens und der Solidarität. Wer die DDR pauschal diffamiert, verschleiert diese Tatsache. Für die Arbeiterklasse von heute bedeutet dies: Ein Rückgriff auf die positiven Erfahrungen des sozialistischen Deutschlands ist unerlässlich, um die gegenwärtigen Kämpfe zu stärken.
„Regelbasierte Ordnung“ – Tarnwort für Imperialismus
Was der DGB „regelbasierte Ordnung“ nennt – ein Begriff, den er etwa in seiner Erklärung zum Antikriegstag 2025 ausdrücklich verwendet hat –, ist nichts anderes als der Code für die westliche Vorherrschaft. Es sind die „Regeln“ der NATO, die 1999 Bomben auf Jugoslawien im Rahmen der Luftangriffe warf, die Kriege in Afghanistan, Irak und Libyen führte und die den Völkermord in Gaza deckt. Die sogenannte „regelbasierte Ordnung“ ist nicht mehr als ein Schleier über brutaler Gewalt.
Diese Ordnung dient nicht dem Frieden, sondern den Profiten der Konzerne. Sie ist die Ideologie, um Ausbeutung, Kolonialismus und Kriege zu rechtfertigen. Sie ist die Sprache der Herrschenden, die das Leid der Völker in Statistiken verwandeln und die Unterdrückung zur „Verteidigung von Werten“ verklären.
Wenn der DGB diese Sprache übernimmt, stellt er sich auf die Seite der Imperialisten – und gegen die Arbeiterklasse. Damit wird er nicht nur politisch irrelevant, sondern schwächt auch konkret die Handlungsfähigkeit der Arbeiterbewegung, indem er Widerstand lähmt. Er wird so zu einem gefährlichen Hindernis im Kampf gegen Krieg.
Was tun? – Gewerkschaften zurückerobern
Entscheidung der Arbeiterklasse
Die Arbeiterklasse in Deutschland steht vor einer historischen Weichenstellung: Entweder sie lässt sich weiter durch „ihre“ Gewerkschaften an die Kriegsmaschine ketten, oder sie organisiert sich neu – von unten, kämpferisch und international. Sie muss lernen, wieder praktische Macht einzusetzen: durch Streiks, Blockaden und Solidarität über Grenzen hinweg. Es geht um mehr als Löhne und Arbeitsbedingungen – es geht um die Frage von Krieg und Frieden, von Leben und Tod.
Die Hafenarbeiter im Mittelmeer zeigen, wie es gehen kann. Die Friedenspolitik der DDR beweist, dass ein anderer Weg möglich ist. Beides sind Quellen der Hoffnung – und zugleich ein Auftrag, nicht länger abzuwarten.
Antikriegstag als Kampftag
Der Antikriegstag darf nicht länger ein Ritual sein. Er muss zu einem Kampftag werden: gegen Hochrüstung und NATO, gegen Sozialabbau und Armut, für Frieden und Solidarität. Nur dann wird er dem Erbe von 1939 gerecht. Der Antikriegstag muss wieder ein Tag sein, an dem die Arbeiterklasse Stärke zeigt und den Herrschenden die Grenzen setzt.
Gewerkschaften als Werkzeuge der Arbeiterklasse
Nur wenn Gewerkschaften wieder konsequent Werkzeuge der Arbeiterklasse werden, können sie ihre historische Aufgabe erfüllen: Widerstand organisieren gegen Krieg, Faschismus und Ausbeutung – und eine Zukunft im Frieden erkämpfen. Sie müssen wieder das werden, was sie einst waren: Stachel im Fleisch der Mächtigen, Schutzschild der Arbeiter und Rammbock gegen Kriegstreiber. Eine Rückkehr zu kämpferischen Traditionen, zu Solidarität über Grenzen hinweg, ist die Voraussetzung für jede Hoffnung auf Frieden.
Der 1. September erinnert an den Beginn des faschistischen Vernichtungskriegs. Er mahnt, dass Krieg aus dem Kapitalismus entspringt und dass nur organisierter Widerstand ihn verhindern kann. Er erinnert uns daran, dass Frieden kein Geschenk der Herrschenden ist, sondern erkämpft werden muss.
Der DGB aber verrät seine Mitglieder, wenn er zum Sprachrohr der Rüstungskonzerne wird. Deshalb ist es an der Zeit, die Gewerkschaften wieder zurückzuerobern – als Waffen der Arbeiterklasse im Kampf für Frieden, soziale Gerechtigkeit und internationale Solidarität.
Denn eines ist klar: Frieden fällt nicht vom Himmel. Er wird erkämpft – durch internationale Solidarität, durch Widerstand im Alltag, durch mutige Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die Nein sagen zu Krieg und Ausbeutung. Nur so kann der Antikriegstag wieder das werden, was er sein muss: ein Kampftag für eine Zukunft ohne Krieg.

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