Berlin zeigt Flagge für Frieden:
»Stoppt den Völkermord in Gaza – Keine Waffen in Kriegsgebiete«
»Stoppt den Völkermord in Gaza – Keine Waffen in Kriegsgebiete«
Berlin hat am Sonnabend ein klares Zeichen gesetzt. Zehntausende Menschen gingen am Brandenburger Tor auf die Straße, um den Kriegskurs der Bundesregierung anzuprangern und Solidarität mit den Menschen in Gaza einzufordern. Die Veranstalter des Bündnisses »Welt in Frieden« sprachen von rund 22.000 Teilnehmenden, die Polizei meldete 12.000. Eine kleine Gegenkundgebung an der US-Botschaft brachte etwa 50 Personen zusammen, die israelische und ukrainische Fahnen schwenkten. Doch die Bilder aus der Innenstadt machten deutlich: Die überwältigende Mehrheit stand auf der Seite des Friedens.
Bunte, vielfältige und entschlossene Kundgebung
Der Protest war bunt, jung und entschlossen. Viele Friedensfahnen, viele palästinensische Flaggen, klare Rufe: »Free Palestine«. Die Berliner Polizei hielt sich zurück, Absperrungen blieben frei von Schlagstöcken und Helmen. Das unterschied diese Demonstration von früheren palästinasolidarischen Versammlungen, bei denen Repression und Verbote die Regel waren. Menschen mit Wurzeln in der Türkei, im Jemen, in Palästina, aus arabischen, afrikanischen und lateinamerikanischen Ländern machten deutlich: Dieser Protest gehört allen, die Frieden wollen. »Egal, woher wir sind, heute sind wir alle Palästinenser«, rief ein Teilnehmer unter großem Applaus. Viele junge Menschen trugen Transparente, die den Zusammenhang zwischen Kolonialismus, Kapitalismus und Kriegspolitik anprangerten – eine neue Generation betritt die Bühne der Friedensbewegung.
Prominente Stimmen für den Frieden
Zum Aufruf trugen bekannte Namen bei: die BSW-Kovorsitzende Sahra Wagenknecht (BSW = Bündnis Sahra Wagenknecht), der Schauspieler Dieter Hallervorden, der Musiker Peter Maffay, der Rapper Massiv, die Publizistin Gabriele Krone-Schmalz und der Moderator Daniel Aminati. Per Videobotschaft wandten sich der israelische Historiker Moshe Zuckermann, der Musiker Roger Waters und der US-Ökonom Jeffrey Sachs an die Kundgebung. Diese internationalen Stimmen verliehen der Demonstration zusätzliches Gewicht und machten klar: Die Forderung nach Frieden ist keine nationale Besonderheit, sondern ein globales Anliegen. Gefordert wurde von der Bundesregierung, »sich aktiv und glaubwürdig für Friedensverhandlungen einzusetzen – sowohl im Nahen Osten als auch in der Ukraine«.
Sahra Wagenknecht: Klare Worte gegen Doppelmoral
Wagenknecht fand deutliche Worte gegen Kriegspolitik und Hetze. Sie verurteilte die Taten der Hamas, machte aber ebenso klar: Nichts davon rechtfertigt das Niederbomben eines dicht besiedelten Gebietes, das Aushungern, das Vertreiben von zwei Millionen Menschen, darunter die Hälfte Kinder. Sie prangerte die »Doppelmoral« in Politik und Medien an und erinnerte an die zentrale Lehre der deutschen Geschichte: »Nie wieder Krieg.« Dem stellte sie die Linie von Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) gegenüber, die auf »Nie wieder Krieg ohne uns« hinauslaufe. Ihre Warnung war unmissverständlich: Die Bundesregierung belügt die Bevölkerung, indem sie Krieg als Friedenspolitik verkauft.
Warnung vor Eskalation in der Ukraine
Besonders eindringlich waren ihre Warnungen vor weiterer Eskalation im Ukraine-Krieg. Mehr Drohnen, Panzer und Soldaten gegen eine Atommacht – das sei Wahnsinn und spiele mit der Zukunft unseres Landes. Ein solcher Krieg würde deutsche Städte, Familien und die Zukunft zerstören. Damit gab sie der Stimmung vieler Ausdruck, die sich nicht länger in die Logik des Wettrüstens pressen lassen. Zahlreiche Redner griffen dieses Thema auf und machten klar, dass ein Krieg gegen Russland nicht zu gewinnen sei, sondern nur in Zerstörung und möglicherweise atomarer Vernichtung enden könne. Anstatt Milliarden in Waffen zu stecken, müsse dieses Geld in Bildung, Krankenhäuser, Wohnungsbau und sozialen Ausgleich fließen.
Doppelmoral beenden: Keine Waffenexporte, stattdessen Frieden schaffen
Die Losung der Kundgebung war eindeutig: »Stoppt den Völkermord in Gaza! Keine Waffen in Kriegsgebiete! Frieden statt Wettrüsten!« In einem Land, das seine Rüstungsausgaben in den vergangenen Jahren auf Rekordhöhe getrieben hat, trifft diese Forderung ins Zentrum. Wer Waffen liefert, verlängert Kriege. Wer Kriege verlängert, verschärft Not, Hunger und Flucht. Wer Flucht beklagt und zugleich Waffen schickt, handelt heuchlerisch. Diese Logik durchschauten die Menschen am Brandenburger Tor – Arbeiter, Angestellte, Studierende, Rentner, viele mit migrantischen Familiengeschichten. Immer wieder wurde betont, dass die Bundesregierung mit ihrer Politik der Waffenexporte Mitverantwortung für den Tod unschuldiger Menschen trägt. Die Scheinheiligkeit, mit der in den Medien über Menschenrechte gesprochen wird, während deutsche Panzer in Krisenregionen rollen, wurde offen angeklagt.
Frieden braucht klare Kante gegen Kriegstreiber
Die Friedensbewegung erlebt, bei allen Angriffen der Medien, neue Kraft. Dass prominente Vertreter der Partei Die Linke fehlten, lag an internen Pausen und Zögerlichkeiten. Umso deutlicher zeigte die Kundgebung: Die Straße braucht keine parlamentarische Erlaubnis, um Nein zu sagen – zu Bomben, Blockaden, Sanktionskriegen. Der Berliner BSW-Landesvorsitzende Alexander King stellte zu Recht fest, dass diese Demonstration niemand in der Politik ignorieren kann. Viele Redner betonten, dass Frieden von unten erkämpft werden muss – in Betrieben, Schulen, Gewerkschaften und Nachbarschaften. Friedenspolitik ist keine Frage von Talkshow-Auftritten, sondern eine Aufgabe der organisierten Bevölkerung.
Unser Standpunkt: Sozialismus statt Krieg – DDR-Erbe lebendig machen
Die Deutsche Demokratische Republik (DDR) hat – bei allen Widersprüchen – die Losung »Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg« ernst genommen. Sie setzte auf Entspannung, Völkerfreundschaft und Abrüstungsschritte. Dieses Erbe ist kein alter Spruch, sondern Auftrag für heute. Wer Frieden will, braucht soziale Gerechtigkeit, bezahlbare Energie, öffentliche Daseinsvorsorge, Schulen und Krankenhäuser statt Raketen und Drohnen. Das ist keine Floskel, das ist Klassenpolitik: Geld raus aus Rüstungskonzernen, rein in das Leben der Menschen.
Russland wird in deutschen Leitmedien als Feind gezeichnet. Doch ohne Sicherheit für Russland gibt es keine Sicherheit in Europa. Nötig sind Gespräche, Anerkennung legitimer Sicherheitsinteressen aller Seiten und ein Ende der NATO-Osterweiterungspolitik. Frieden entsteht nicht durch Ultimaten, sondern durch Verhandlungen, gegenseitige Garantien und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Diese Einsicht teilten viele Rednerinnen und Redner der Kundgebung – ausgesprochen oder unausgesprochen – wenn sie Verhandlungen im Nahen Osten und in der Ukraine forderten. Der Geist der DDR lebt dort weiter, wo Menschen für Abrüstung, Solidarität und internationale Verständigung kämpfen. Eine Politik der Zusammenarbeit mit Russland ist kein Luxus, sondern eine Existenzfrage für Europa.
Was jetzt zu tun ist
Wir brauchen ein klares Programm der Friedenskräfte:
Sofortiger Stopp aller Waffenexporte in Kriegsgebiete.
Humanitäre Hilfe ohne Bedingungen, besonders für Gaza.
Diplomatie statt Drohnen.
Zivile Produktion statt Kriegsprofite – Umstellung der Rüstungsbetriebe auf nützliche Güter, mit staatlicher Unterstützung und Arbeitsplatzgarantie.
Schutz der Grundrechte für Friedensproteste – keine Kriminalisierung, keine willkürlichen Auflagen.
Aufbau einer breiten internationalen Solidaritätsbewegung, die Völkerrecht gegen imperialistische Aggression verteidigt.
Erinnerungsarbeit, die an die Lehren aus Faschismus und Kolonialismus anknüpft, statt diese zu relativieren.
Entwicklung einer klaren ökonomischen Perspektive: Abrüstung und Umwandlung der Rüstungsindustrie in zivile Produktion als Chance für eine ökologische Wende.
Auftrag für die Zukunft
Die große Berliner Kundgebung zeigt: Das Land ist nicht bereit, den Kurs der Aufrüstung und der Doppelmoral hinzunehmen. Wer Frieden will, muss sich einmischen. Es liegt an uns, dieses Signal aus der Hauptstadt in Betriebe, Wohnviertel, Schulen und Universitäten zu tragen – für ein Deutschland, das an die Lehre »Nie wieder Krieg« anknüpft, das Erbe der DDR ernst nimmt und den Weg der Verständigung mit Russland und allen Nachbarn geht. Die Stimmen, die an diesem Tag erhoben wurden, dürfen nicht verhallen. Sie sind Auftrag für kommende Kämpfe, für neue Bündnisse, für eine Friedensbewegung, die sich nicht einschüchtern lässt. Nur wenn wir im Alltag, in Gewerkschaften, Parteien und Initiativen Widerstand organisieren, kann aus dem Protest von Berlin eine bundesweite Bewegung entstehen. Die Stunde ruft nach Klarheit, Mut und Solidarität.
Quellen (Auswahl): Bericht und Redebeiträge zur Friedenskundgebung am Brandenburger Tor, 15.09.2025, junge Welt.