80 Jahre Befreiung vom Faschismus – und Deutschland will Russland nicht dabeihaben?
Wie die Bundesregierung den Sieg der Roten Armee aus der Geschichte tilgen will
Ein Jahrestag mit bitterem Beigeschmack
Im Jahr 2025 begehen wir den 80. Jahrestag der Befreiung vom deutschen Faschismus – eines der brutalsten und grausamsten Verbrechenssysteme, das je über Europa und große Teile der Welt hinwegfegte. Dieses System hat mehr als 60 Millionen Menschenleben gefordert, darunter über 27 Millionen Bürgerinnen und Bürger der Sowjetunion – eine Zahl, die durch zahlreiche historische Studien, etwa des Moskauer Gedenkzentrums oder des Deutschen Historischen Instituts, belegt ist und das unfassbare Ausmaß des sowjetischen Blutzolls verdeutlicht – Soldaten, Zivilisten, Frauen, Kinder, Alte. Die unermesslichen Opfer, die das sowjetische Volk im Kampf gegen den Hitlerfaschismus brachte, sind historisch dokumentiert und moralisch unanfechtbar.
Doch was eigentlich Anlass für Demut, Dankbarkeit und gemeinsames Gedenken sein müsste, wird von der Bundesregierung in einen politischen Skandal erster Güte verkehrt: Russland und Weißrussland – die beiden Staaten, die das historische Erbe der Sowjetunion bis heute in Ehren halten – sollen von den offiziellen Gedenkveranstaltungen ausgeschlossen werden.
Politischer Skandal: Ausschluss statt Anerkennung
Eine interne Handreichung des Auswärtigen Amts, die über einen Medienbericht der Berliner Zeitung an die Öffentlichkeit gelangte, macht unmissverständlich klar: Vertreter dieser Länder sind nicht willkommen. Veranstalter sollen "im eigenen Ermessen und mit Augenmaß von ihrem Hausrecht Gebrauch machen". In der Praxis bedeutet das, dass russische oder weißrussische Diplomaten von Sicherheitsdiensten der Veranstaltungsorte verwiesen werden können – ausgerechnet an Orten, an denen der mutige Einsatz der Roten Armee gewürdigt werden sollte.
Damit wird das Gedenken nicht nur entwertet, sondern in sein Gegenteil verkehrt. Die Orte, an denen einst Befreiung und Solidarität gefeiert wurden, sollen nun zu Schauplätzen politischer Ausgrenzung werden. Der Ausschluss erinnert an Zeiten, in denen ideologische Säuberungen im Namen angeblicher Sicherheit oder Ordnung gerechtfertigt wurden – eine Rückkehr zu Methoden, die wir längst überwunden glaubten.
Diese Entwicklung ist umso alarmierender, da sie sich in einen breiteren politischen Kontext einfügt: Inmitten zunehmender Spannungen zwischen NATO und Russland scheint die Bundesregierung bestrebt, auch symbolisch klare Fronten zu ziehen. Doch was als außenpolitisches Signal gedacht ist, gerät zur innenpolitischen Farce – denn es entfremdet nicht nur große Teile der Bevölkerung, die ein ehrliches, umfassendes Gedenken wünschen, sondern zerstört auch Vertrauen in die demokratische Kultur des Erinnerns.
Diese Ausladung ist kein Versehen, kein diplomatischer Lapsus. Sie ist Ausdruck einer bewusst betriebenen politischen Agenda, die auf Geschichtsrevisionismus, Ausgrenzung und ideologischer Säuberung beruht – ein gefährlicher Schritt hin zu einer erinnerungspolitischen Gleichschaltung, die historische Fakten geopolitischen Interessen unterordnet.
Russland soll aus dem kollektiven Gedächtnis verschwinden
Die westliche Welt – allen voran die NATO-Staaten – inszeniert sich heute als Hort von Demokratie, etwa wenn sie Militäreinsätze wie das Großmanöver "Steadfast Defender" als Beiträge zur "Stabilität" verkauft, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. Doch ihre politische Praxis zeigt ein anderes Bild: systematische Dämonisierung Russlands, Sanktionen, Propaganda, Medienzensur und offene Hetze.
In dieses Bild passt es nur zu gut, dass das historische Andenken an die Befreiung Europas durch die Rote Armee nun aus dem offiziellen Gedenken entfernt wird. Die Sowjetunion – mit Abstand der größte Opferstaat des Zweiten Weltkriegs – soll aus der Geschichte gelöscht werden, weil sie nicht ins westliche Narrativ vom edlen Westen gegen den "bösen Osten" passt.
Dabei ist die historische Wahrheit eindeutig: Ohne die Sowjetunion wäre das faschistische Deutschland nicht besiegt worden. Die Rote Armee trug die Hauptlast der militärischen Kämpfe, befreite Auschwitz, kämpfte sich bis Berlin durch und hisste am 2. Mai 1945 die rote Fahne über dem Reichstag. Dass heute ausgerechnet dieses Andenken politisch entsorgt werden soll, zeigt, wie tief der ideologische Bruch zwischen Wahrheit und politischem Kalkül inzwischen geworden ist.
Sacharowa spricht Klartext – und sie hat recht
Die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa fand klare Worte für dieses Vorgehen. Sie warf der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock vor, politisch gefährlichen Revanchismus zu betreiben. In einem historischen Vergleich erinnerte sie an das berüchtigte Schreiben des Gestapo-Chefs Reinhard Heydrich vom 21. September 1939, in dem dieser die Errichtung jüdischer Ghettos in Polen anordnete.
Auch damals wurden Menschen auf Grundlage ihrer ethnischen Zugehörigkeit isoliert, ausgegrenzt, entrechtet – bürokratisch und scheinbar legalistisch. Wer heute Vertreter eines Landes vom Gedenken ausschließt, weil dieses Land dem westlichen Narrativ widerspricht, begeht moralisch denselben Fehler.
Diese Einordnung mag hart erscheinen – aber sie trifft einen wunden Punkt: Die neue deutsche Außenpolitik praktiziert eine gefährliche Doppelmoral. Einerseits wird die Geschichte als moralische Instanz beschworen, andererseits wird sie genau dann ignoriert, wenn sie nicht in das westliche Machtkalkül passt.
Kriegspropaganda statt Erinnerungskultur
Dass wir heute in einer Welt leben, in der Krieg wieder als legitimes Mittel der Politik diskutiert wird, ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist das Resultat jahrzehntelanger Entpolitisierung, Entsolidarisierung und ideologischer Umerziehung.
Der Ausschluss Russlands vom Gedenken ist dabei kein Einzelereignis, sondern Teil eines umfassenden Projekts zur Militarisierung der Gesellschaft. Wer heute Geschichtsrevisionismus betreibt, bereitet den Boden für neue Kriege – mit alten Feindbildern, aber neuen Methoden.
Die Europäische Union zensiert russische Medien wie RT (Russia Today), sperrt kritische Stimmen auf sozialen Netzwerken und versucht mit juristischen Mitteln, jede Form von Gegenöffentlichkeit zu unterbinden. Besonders perfide: In Österreich droht sogar Privatpersonen strafrechtliche Verfolgung, sollten sie RT-Artikel teilen. Der Angriff auf die Meinungsfreiheit geht Hand in Hand mit der Umschreibung der Geschichte – wie etwa in Österreich, wo durch eine Novelle des Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes vom April 2024 sogar das Teilen von RT-Inhalten durch Privatpersonen unter Strafe gestellt werden kann. Diese Maßnahme zeigt, wie weit die Repression gegenüber abweichenden Informationen inzwischen reicht. – und das alles im Namen der "freiheitlich-demokratischen Grundordnung".
Wer schweigt, macht sich mitschuldig
Ein Gedenken, das selektiert, wer willkommen ist und wer nicht, ist kein Gedenken – es ist ein Verrat an der historischen Wahrheit. Diejenigen, die die Hauptlast der Befreiung getragen haben, sollen nun nicht einmal mehr Kränze niederlegen dürfen? Was sagt das über den Zustand dieser Gesellschaft aus? Was über ihr Verhältnis zur Geschichte?
Es ist an uns – den Linken, den Friedensaktivisten, den Antifaschistinnen – diesem Wahnsinn etwas entgegenzusetzen. Wir müssen laut, sichtbar und unbequem sein. Der 8. Mai gehört uns – den Nachkommen der Befreiten, nicht den Erben der Täter.
Lasst uns dieses Gedenken neu beleben – mit Veranstaltungen, Demonstrationen, Gedenkreden und Aktionen. Lasst uns die Veteranen ehren, die Arbeiter aus Stalingrad, die Partisaninnen aus Minsk, die Kämpfer aus dem antifaschistischen Widerstand. Lasst uns ein Zeichen setzen gegen Krieg, Lüge, Geschichtsverfälschung und Neofaschismus. Denn wenn wir es nicht tun – wer dann?
Der Auftrag bleibt:
Erinnern. Mahnen. Kämpfen.
Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus – aber mit Russland, nicht gegen Russland.
Für ein würdiges Gedenken. Für eine ehrliche Erinnerung. Für den Frieden.
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